© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/20 / 16. Oktober 2020

Ihr kriegt uns hier raus
Linksextremismus: Räumung von „Liebig34“ ist in mehrfacher Hinsicht aufschlußreich
Michael Paulwitz

Das war kein gutes Wochenende für den organisierten Linksextremismus in Deutschland. Zweieinhalbtausend Polizeibeamte waren in Berlin aufgeboten, um ein seit Jahrzehnten besetztes Mietshaus – die als „Liebig34“ verklärte Wohnruine in der Liebigstraße im Stadtteil Friedrichshain – endlich zu räumen. Dem entschlossenen Polizeieinsatz hielten die Linksextremisten, die sich dort als „anarcha-queer-feministisches Projekt“ verbarrikadiert hatten, nicht lange stand; binnen weniger Stunden waren 57 illegale Bewohner aus dem verkommenen Gebäude expediert.

Zwar rächte sich die Szene in der Nacht darauf mit wütenden Randale- und Zerstörungs-Ritualen, bei denen abermals Polizeibeamte verletzt und Autos in Brand gesteckt wurden. Ihre großmäulige Drohung, die ganze Stadt werde „brennen“, konnten sie dennoch nicht wahr machen, auch weil vor und nach der Räumung starke Polizeikräfte neuralgische Punkte in der Hauptstadt sicherten.

Die erfolgreiche Räumung in der Liebigstraße ist in mehrfacher Hinsicht aufschlußreich. Schon zahlenmäßig belegt das offenkundig notwendige Polizeiaufgebot das nach wie vor hohe Gewalt- und Aggressionspotential des militanten Linksextremismus. Während am Rande einer regierungskritischen Demonstration wenige Wochen zuvor noch drei Beamte ausreichten, um eine Schar übermütiger Foto-Knipser mit bunten Fahnen vom vermeintlichen „Sturm auf den Reichstag“ abzuhalten, mußte die Polizei in Regimentsstärke antreten, um ein einzelnes von Linksextremen besetztes Haus wieder den rechtmäßigen Eigentümern zu übergeben.

Selbst der sonst ganz auf den „Kampf gegen Rechts“ fixierte Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz Thomas Haldenwang konstatierte eine „neue Gewaltqualität“ im linksextremen Milieu, das „zunehmend brutaler und personenbezogener“ Polizisten in Hinterhalte locke und bei Anschlägen auch Todesopfer in Kauf nehme. Von solchen Fakten unbeeindruckt wiederholte Heiko Maas (SPD) noch am Tag der Räumung bei einer Gedenkveranstaltung für den Anschlag von Halle wie eine ausgeleierte Gebetsmühle sein Mantra, die „größte Gefahr für unser Land“ sei selbstverständlich der „rechte Terror“.

Und noch etwas hat der Liebigstraßen-Einsatz mitleidlos an den Tag gebracht: Die Macht, die linksextreme Strukturen direkt oder durch Unterwanderung anderer Organisationsgeflechte gegenüber Staat und Gesellschaft demonstrieren, ist zu einem guten Teil geborgt. Sie konnten sich ausbreiten und ihr Unwesen treiben, weil linke, grüne und linksradikale Sympathisanten in Politik und Medien lange Zeit die Hand über sie gehalten und gefördert haben, da sie als Fußtruppen im Kampf „gegen Rechts“ durchaus nützlich und willkommen sind.

Das steckt dahinter, wenn linke und grüne Politiker bis hinauf in die SPD-Spitze die „Antifa“ mit Bekenntnissen adeln und ihre Symbole demonstrativ zur Schau stellen; wenn solche Politiker, ebenso wie gleichgesinnte Medien, all die Jahre lieber von „unverhältnismäßiger Polizeigewalt“ schwadronierten, linksextreme Ausschreitungen verharmlosen und militant-linke Bewegungen wie „Black Lives Matter“ zu Moralhelden hochschreiben; wenn Abgeordnetenbüros und Redaktionen linksextremen Agitatoren eine Organisationsplattform bieten, und eine SPD-Bundesministerin namens Manuela Schwesig schon vor Jahren Linksextremismus zum „aufgebauschten Problem“ erklärte.

Mit so viel Rückendeckung von oben läßt sich leicht Bürgerkrieg mit der zum gesellschaftlichen Prügelknaben degradierten Polizei proben. Greift diese aber einmal ernsthaft durch, ist der Gratis-Heldenmut schnell verflogen und die Unterschiede im heterogenen linksextremen Gemenge brechen auf. Die einzelnen linken Sekten sind einander nämlich durchaus nicht so grün, wie es an der Oberfläche aussieht. Um einen harten Kern militanter Gewalttäter und Gesetzloser gruppiert sich eine breite Mitläuferszene, die sich zwar durch die politische und mediale Verherrlichung radikallinken Gedankenguts angezogen fühlt, im Zweifelsfall aber weder auf das aufgeschüttelte Federbett am Abend verzichten noch sich die angepaßte steuerfinanzierte Karriere durch ein schwerkriminelles Vorstrafenregister ruinieren möchte.

Mit „Liebig34“ hat die gewaltbereite Linke einen wichtigen Rückzugsraum verloren. Ein Anlaß zum Aufatmen ist das nicht, auch wenn jetzt selbst etablierte Medien über den Alltagsterror der linksextremen Staatsverächter gegen die Anwohner berichten und mit wohligem Gruseln die vermüllten Höhlen vorführen, in denen sie hausen. Der plötzliche Liebesentzug gilt nämlich nur jenem schwer beherrschbaren Teil der Szene, der auch dem linken Establishment gelegentlich zu nahe tritt. 

Gewaltbereite Linksextremisten, die als militante „Klimaschützer“ auftreten, die die verhaßte AfD und ihre Repräsentanten attackieren oder sonstwie die grünlinke Agenda vorantreiben, werden auch weiterhin mit verständnisvollem Wegschauen rechnen können. Die große Zeit der militanten Hausbesetzer und offenen Straßenschlachten mit der Polizei mag sich dem Ende zuneigen; dafür ist absehbar, daß sich der harte Kern der gewaltbereiten Linken verstärkt auf heimtückische Anschläge verlegen wird.

Auch dieser Spuk ließe sich beenden, wenn denn nach dem Liebigstraßenhaus auch die übrigen Stützpunkte der Szene ebenso konsequent ausgehoben würden, ihre nach wie vor intakte mediale und finanzielle Infrastruktur trockengelegt und ihr politisch-gesellschaftliches Sympathisantenmilieu geächtet würde. Davon sind die Verantwortlichen allerdings nicht nur in Berlin noch Lichtjahre entfernt.