© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/20 / 16. Oktober 2020

Rußland verstehen
Eine Dokumention des SWG-Seminartages
Hermann Rössler

Das Deutschland-Journal der Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft (SWG) behandelt in seiner Dokumentation zum 15. Seminartag das historisch gewachsene und aktuelle Verhältnis von Rußland und Europa. Die Sammlung von elf Beiträgen schickt sich an, „mit dem weithin unbekannten Eigenen Rußlands und seiner Menschen vertrauter zu machen“, heißt es im Vorwort. 

Das Gros der insgesamt sieben Autoren spricht sich für eine engere wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit mit der Russischen Föderation aus und insbesondere für eine Intensivierung der deutsch-russischen Beziehungen. Der russische Präsident Wladimir Putin habe bereits mehrmals eine solche Kooperation vorgeschlagen, erklärt Publizist und Gazprom-Berater Alexander Rahr. „Deutschland war und blieb Rußlands bevorzugtester Partner.“ Rahr rät der EU, „neuartige“ Verträge mit China und Rußland zum eigenen wirtschaftlichen Wohl auszuhandeln. 

SWG-Vorstand und Oberst a.D. Manfred Backerra macht die „Hybris“ der Westeuropäer, die „bis zur Libertinität gehende Liberalität“, als Hindernis einer gemeinsamen Perspektive aus. Die notwendige Grundannahme einer „Allianz“ sei die wesentliche Verschiedenheit sowohl der Völker als auch des jeweiligen Staatsverständnisses, unter gleichzeitiger Anerkennung einer kulturellen Basis. „Von Lissabon bis Wladiwostok“ gehörten die Länder „alle zu einem europäischen Kulturkreis, der sich auch von seinen Ablegern in Amerika“ absetze. 

Der Journalist Thomas Fasbender definiert Rußland „aller kommunistischen Vergangenheit zum Trotz“ als das „konservative, traditionelle, ständische Europa, das einstmals so genannte christliche Abendland“. Neben geschichtlichen Abhandlungen und der Analyse wirtschaftlicher Gegebenheiten finden sich in dem Heft auch ein Beitrag des Publizisten Thomas Röper, zwei Interviews und ein kurzer Schlagabtausch zwischen Rahr und Backerra. Röper, der unter anderem für das Internet-Portal „Rubikon“ schreibt und die Homepage anti-spiegel.ru betreibt, sucht Unstimmigkeiten in der medialen Berichterstattung Deutschlands bezüglich der Pressefreiheit in Rußland aufzuzeigen. Außerthematisch stellt Vera Kosova die Vereinigung „Juden in der AfD“ vor und der Jurist Josef Schüßlburner nimmt zum Umgang des Verfassungsschutzes mit der AfD Stellung.

Deutschland-Journal: Dokumentation zum 15. Seminartag. Rußland und Europa. Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft e.V., Hamburg 2020, broschiert, 159 Seiten, Spende erwünscht (Anhalt: 5 Euro)