© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/20 / 16. Oktober 2020

Frisch gepresst

Freies Netz. Daß die großen BigTech-Firmen ihre Marktmacht ungehindert immer weiter ausdehnen – gerade in Zeiten der Corona-Pandemie –, das allein ist keine Neuigkeit mehr. Wie es aber tatsächlich um das „freie Internet“ bestellt ist und welche bedrohliche Dominanz die Firmen an den Tag legen, zeigt eindrucksvoll der neue „Atlas der digitalen Welt“, herausgegeben vom Medienwissenschaftler Martin Andree und dem Datenanalysten Timo Thomsen. Wieviel Datenaufkommen verteilt sich auf welche Anbieter? Läßt sich die digitale Konzentration tatsächlich in Zahlen bemessen? Wie verhält sich die digitale Landschaft zu Marktwirtschaft und Wettbewerb? Welche Bereiche im Internet wachsen am stärksten? Und was macht der Durchschnittsnutzer eigentlich den lieben langen Tag vor dem Bildschirm? Auf all diese Fragen bietet der Atlas hochinteressante Antworten, versehen mit über 150 hervorragend aufbereiteten Infographiken. Wer ein statistikreiches Überblicks- und Nachschlagewerk für den Bücherschrank sucht, wird hiermit glücklich. (ha)

Martin Andree, Timo Thomsen: Atlas der digitalen Welt. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2020, broschiert, 272 Seiten, Abbildungen, 32 Euro





Im Visier. Daß „Cancel Culture“, Hetzkampagnen und Öffentlichkeitsverbannung schon vor dem Zeitalter der sozialen Medien und des Haltungsjournalismus stattfanden, beschreibt der Ex-Werber und Schriftsteller Thor Kunkel in seinem Buch „Zum Abschuß freigegeben“. Und das am eigenen Beispiel: 2004 sieht er sich „im Fadenkreuz der rotlackierten Nazis“, als sein Roman „Endstufe“ über von der SS produzierte Pornofilme für einen Skandal sorgt. In einem Spiegel-Bericht zitiert der damalige Verleger Alexander Fest aus einem das Romanprojekt mit Notizen begleitenden, aber nicht zur Veröffentlichung bestimmten „Werkstattbericht“, was Kunkel den Vorwurf einbringt, ein „Rechter“ zu sein. Es kommt zum Zerwürfnis mit Rowohlt und mit den Feuilletons vieler deutscher Zeitungen und Magazine. In Form eines „Medientagebuchs“ – ergänzt durch Briefe, Zeitungs- und TV-Berichte sowie Fotos – zeichnet Kunkel, der 2009 in die Schweiz auswich, die Geschehnisse vom Februar 2002 bis Ende Dezember 2004 nach: von der Idee der Romanhandlung bis zu einem mutmaßlichen Antifa-Angriff auf sein Auto. (gb)

Thor Kunkel: Zum Abschuß freigegeben. Im Fadenkreuz der rotlackierten Nazis. Kopp Verlag, Rottenburg 2020, gebunden, 348 Seiten, 22,99 Euro