© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/20 / 23. Oktober 2020

Laudatio der Woche
Hätte, hätte, Amtskette
Felix Krautkrämer

Manchmal erweist sich die Geographie als die böse Stiefmutter des Schicksals. Da nutzt es der schönen Stadt Köln auch nicht, daß sie mit einem weltberühmten Dom gesegnet ist und über eine eigene Biersorte verfügt, sie liegt nun mal am Rhein – und nicht am Mittelmeer. Ganz zum Bedauern von Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos). Sie zeichnete am Montag die Flüchtlingskapitänin Carola Rackete mit dem Karl-Küpper-Preis des Festkomitees des Kölner Karnevals aus und würdigte damit den Mut und die Courage der 32jährigen, trotz Haß und Hetze über das Mittelmeer zu fahren, um Flüchtlinge zu retten. Sie habe juristische Verfolgung in Kauf genommen, als sie die „Schiffbrüchigen“ trotz aller Widerstände in den Hafen von Lampedusa gebracht habe, begründete die Jury die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung. Und auch Oberbürgermeisterin Reker war voll des Lobes für Rackete. Gerührt von der Feierlichkeit des Augenblicks versicherte sie der Kapitänin: „Wären Sie mit Geflüchteten an Bord über den Rhein gekreuzt, statt über das Mittelmeer, Köln wäre mit mir als Oberbürgermeisterin ein sicherer Hafen für sie gewesen.“ Diese Bereitschaft gelte auch weiter. Solange Köln jedoch näher an Leverkusen liegt als an der Levante, wird Reker kaum gezwungen sein, den Beweis für ihr großzügiges Angebot zu liefern.