© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/20 / 23. Oktober 2020

Blick in die Medien
Steingart vs. „Spiegel“
Ronald Berthold

Der liberale Journalist Gabor Steingart hat sich den Blick auf die Wirklichkeit nicht verstellen lassen. Damit eckt er gewaltig an. Der Spiegel hat es sich zur Herzensangelegenheit gemacht, die Existenz seines ehemaligen Politik-Chefs zu zerstören. Denn der 58jährige kritisiert die EZB-Geldflut, die Corona- und zuweilen die Migrations-Politik der Kanzlerin. Sein Dauerfeuer gegen Trump rettet ihn da nicht.

Die Abweichung von der reinen Lehre hat den Gründer von „Media Pioneer“ zum Feindbild gemacht. Kürzlich brachte das einstige Nachrichtenmagazin einen Total-Verriß seines Buches „Die unbequeme Wahrheit“. Vorwurf: Populismus. Voller Haß veröffentlichte es jetzt eine Geschichte über Steingarts Unternehmen: „Medien-Scharlatan“, „Falsch-Aussagen“ – finanzstarke Geldgeber für sein Projekt würden ausbleiben.

Zahlreiche Unterstützer hätten sehr wohl Interesse an einem hohen Investment gezeigt.

Seinen Erfolg schöpft der Ex-Handelsblatt-Chef daraus, daß er anders schreibt als die Leitmedien und deren Einseitigkeit kritisiert. Für den Spiegel kein Anlaß, seine Dauer-Schleimerei bei der Kanzlerin zu reflektieren. Das Blatt empört sich vielmehr, Steingart tue so, „als wären die Qualitätsmedien, deren Teil er lange war, Hörige von Politik und Wirtschaft“. Seine Texte lägen dabei „hart an der Grenze zur Verschwörungstheorie“. Gleichzeitig schreibt ausgerechnet die in Finanznöten befindliche Postille Steingarts Geschäftsmodell kaputt. Der verteidigt sich gegen die „Märchenstunde“: Sein Morning-Briefing-Podcast liege seit einem Jahr auf Platz 1 der Apple-Charts, seinen Newsletter hätten 400.000 Leser abonniert, und 180 Unterstützer hätten Interesse an einem Aktieninvestment von mindestens 100.000 Euro gezeigt. Und er legt nach: Bei Lokalzeitungen heiße es: „Du darfst bei uns alle kritisieren, den amerikanischen Präsidenten, die CIA und den Kreml, nur bitte nicht den Herrn Oberbürgermeister. Der Herr Oberbürgermeister der Hauptstadtpresse ist die Frau Bundeskanzlerin.“