© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/20 / 30. Oktober 2020

Zu lange beschwiegen
Nach dem islamistischen Mord in Frankreich: In Deutschland entzündet sich nur eine zaghafte Debatte
Michael Paulwitz

Der Islam, der nach gängiger Lesart auch zu Deutschland gehören soll, gebiert Monster. Wozu fanatische Islamisten in ihrem religiös fundierten Blutrausch in der Lage sind, hat die Ermordung des Pariser Lehrers Samuel Paty nicht nur den Franzosen, sondern ganz Europa in atavistischer Brutalität vor Augen geführt. Für einen Moment drängte der Tod des Pädagogen, der am hellichten Tag auf offener Straße enthauptet wurde, weil er mit seinen Schülern über Meinungsfreiheit am Beispiel von Religionskritik diskutiert hatte, die üblichen Mechanismen des Beschweigens an den Rand.

So schockierend der Ausbruch des Barbarischen ist, der Mord an Samuel Paty war kein Einzelfall. Nicht im vom Terror heimgesuchten Frankreich, aber auch nicht in Deutschland, Belgien, Großbritannien, Schweden oder anderen europäischen Ländern, die von ihren politischen Eliten für islamische Einwanderung geöffnet worden sind. Wo Parallelgesellschaften gedeihen, wächst auch die religiös grundierte Gewalt islamischer Fanatiker. Um so bezeichnender sind die Unterschiede in den öffentlichen Reaktionen.

In Frankreichs Städten gingen nach dem Mord an Samuel Paty Zehntausende auf die Straße. Der Lehrer, der für seine pädagogischen Überzeugungen gestorben war, erhielt ein Staatsbegräbnis und posthum die höchste Auszeichnung der Republik. Präsident Emmanuel Macron selbst hielt die Trauerrede auf den Ermordeten. Die Ermittler hoben ein islamistisches Netzwerk um den tschetschenischen Täter aus, extremistische Moscheen wurden geschlossen und Hunderten Islamisten die Abschiebung angedroht.

Eine Demonstration der Stärke, die über die Grenzen Frankreichs hinaus wirkte: In zahlreichen islamischen Ländern weltweit fanden organisierte antifranzösische Kundgebungen statt. Fanatiker riefen zum Boykott französischer Waren auf. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan stellte sich an die Spitze dieser Bewegung, attackierte ganz Europa als „rassistisch“ und „islamfeindlich“ und beschimpfte Macron als „geisteskrank“.

Wenn es eines Beweises bedurft hätte, daß es sich bei islamistischen Morden wie dem an Samuel Paty nicht um ein hausgemachtes soziales Problem handelt, sondern um Begleiterscheinungen einer globalen kulturellen Auseinandersetzung, so war er damit erbracht. Mit einem als radikale politisch-religiöse Ideologie verstandenen Islam, dessen Anhänger sich über eine kritisch-despektierliche Darstellung ihres Propheten mehr entrüsten als über einen in dessen Namen begangenen Mord, ja die diesen Mord sogar noch bejubeln, ist keine Verständigung und keine „Integration“ möglich. Die Auseinandersetzung ist existentiell.

Auch Deutschland ist längst Schauplatz und Ziel dieses kulturellen Zusammenpralls, bei dem regelmäßig Blut fließt – das Blut der Angegriffenen, der europäischen „Ungläubigen“. So Anfang Oktober in Dresden; die Umstände wurden bezeichnenderweise erst nach dem Paty-Mord bekannt: Ein Syrer, IS-Sympathisant, 2015 als „Flüchtling“ ins Land gekommen, reihenweise wegen schwerer Straftaten verurteilt, als Asylbewerber nicht anerkannt und trotzdem nicht abgeschoben, sondern weiter „geduldet“ und durchgefüttert, ersticht einen 55jährigen deutschen Reisenden aus Nordrhein-Westfalen, wohl weil er ihn als Homosexuellen verachtete. Ein Fall, in dem sich das ganze Staatsversagen der deutschen Asyl- und Migrationspolitik der letzten Jahre bündelt.

Kein Wort hierzu von Bundeskanzlerin oder Bundespräsident, geschweige denn ein Orden oder ein Staatsbegräbnis. So wenig wie für all die anderen, die bereits Opfer dieser Politik wurden. Immerhin: Es werden Stimmen laut, die das vor diesem Hintergrund erst recht groteske fortbestehende Abschiebeverbot für Straftäter nach Syrien in Frage stellen. Und während linke Politiker kaltschnäuzig den „Schutz“ von Straftätern wie dem Messermörder von Dresden über die Sicherheitsinteressen der einheimischen Bürger stellen, kritisiert der in den Bundestag strebende Juso-Chef Kevin Kühnert das Schweigen der deutschen Linken zum Islamisten-Mord an Samuel Paty.

Bemerkenswert ist diese Selbstverständlichkeit nur vor dem Hintergrund, daß sie vom Vertreter einer Partei kommt, die am Dogma potentiell unbeschränkter Einwanderung aus islamischen Ländern unbeirrt festhält. In den lieblosen Sprachschablonen des Bundesaußenministers zum Mord an Samuel Paty kam das Stichwort „islamistisch“ genausowenig vor; nur lahm stellt sich die Bundesregierung an die Seite des von Erdogan massiv attackierten französischen Präsidenten, läßt sich fast widerspruchslos von dem türkischen Sultan wegen einer Betrugs-Razzia in einer Berliner Moschee als „rassistisch“ beschimpfen, während Bundesinnenminister Horst Seehofer es der Islam-Lobby zuliebe vorzieht, eine Kommission gegen sogenannte „Islamophobie“ einzurichten.

Die französische Reaktion auf den islamischen Terror mag markiger ausfallen; dort ist die Lage noch dramatischer, auch wenn Deutschland im Begriff ist, in wenigen Merkeljahren die Fehler Frankreichs von Jahrzehnten nachzuholen. Doch auch Macron bleibt letztlich an der symbolpolitischen Oberfläche. Frankreich hat der Islamisierung der Gesellschaft und der Unterwanderung von Schulen über Jahre nur zugesehen. Mit der so wohlklingenden wie aussichtslosen Mission, migrantische Parallelgesellschaften zu „Republikanern“ zu erziehen, hat die Republik Lehrer wie Paty alleingelassen. Als er von Drohungen und Todes-„Fatwas“ berichtete, bügelte man ihn ab; Orden und Staatsbegräbnis kamen für ihn zu spät. Denn die Wurzel des Problems liegt in der Demographie. Wer den Angriff auf unsere Lebensart zurückweisen will, muß die islamische Migration nach Europa grundsätzlich in Frage stellen. Solange die Eliten diesseits und jenseits des Rheins dazu nicht bereit sind, stehen die Weichen weiter in Richtung Islamisierung und Unterwerfung.