© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/20 / 30. Oktober 2020

Zitate

„Angesichts der Corona-Epidemie könnten auch die liberalen Demokratien ihre Abneigung gegen die Überwachung ihrer Bürger ablegen. Eine 24-Stunden-Kontrolle ist in unserer zunehmend digitalen Welt überhaupt kein Problem mehr. (...) Ich habe die Befürchtung, daß die totale Kontrolle eine Folge der Corona-Krise werden könnte. Viele Dinge, die im Westen noch vor einem Jahr undenkbar waren, sind durch die Pandemie nun auch dort plötzlich akzeptabel geworden. Die totalitäre Versuchung ist in Zeiten von Corona groß.“

Yuval Noah Harari, israelischer Historiker, auf „t-online“ am 23. Oktober





„Der Westen hat jede sinnvolle Unterscheidung zwischen dem totalitären Militärstiefel der UdSSR und dem weichen Autoritarismus eines vergleichsweise freien Rußlands verwischt sowie ‘Russisch’ mit ‘Sowjetisch’ verwechselt, indem es drei Jahrzehnte russischer Geschichte und die antinationale Essenz des Kommunismus mißverstand. „Russisch“ verhalte sich zu „sowjetisch“ wie „Mensch“ zu „Krankheit“, schrieb mein Vater Alexander Solschenizyn. Eine unbeabsichtigte Folge: der beispiellose Konsens zwischen liberaler Gesellschaft und illiberaler Regierung, die sich über wenig so einig sind, wie daß der Westen Rußland niemals mögen wird, egal was es tut.“

Ignat Solschenizyn, russisch-amerikanischer Dirigent, im „Wall Street Journal“ vom 23. Oktober





„Niemand hat mehr das Recht auf Feigheit. Wir führen einen Kampf gegen eine aus amerikanischen Universitäten und intersektionellen Thesen stammende intellektuelle Matrix, die Gemeinschaften und Identitäten essentialisieren will und somit eine Antipode zum republikanischen Modell darstellt, das die Gleichberechtigung der Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht oder ihrer Religion für unabdingbar erklärt. Das ist der Nährboden für eine Fragmentierung der Gesellschaft, die mit den Interessen der Islamisten zusammenläuft. Diese Realität hat einen bedeutenden Teil der französischen Sozialwissenschaften in Aufruhr versetzt.“

Jean-Michel Blanquer, französischer Bildungsminister, im „Journal du Dimanche“ vom 25. Oktober





„Die Mainstream-Linke ersetzt nunmehr die ökonomische, materialistische Analyse durch den Schwerpunkt auf Innerlichkeit, kleinteiliges Engagement und Partizipation bei dem im Kulturbetrieb endemisch gewordenen Zeichensetzen. Einem ehemals linken bis linksliberalen Milieu zu unterstellen, es arbeite an einer kulturmarxistischen Revolution, könnte nicht weiter von der Wirklichkeit entfernt sein. (...) Sie sind Arrivierte eines spießigen neuen akademisch gebildeten Establishments.“

Nico Hoppe, freier Autor, in der „NZZ“ vom 26. Oktober





„Ich fürchte, in linken Milieus denken viele, wenn sie ‘syrischer Islamist’ hören, weiterhin lieber an Kirchenasyl als an Abschiebung. Diesen Milieus endlich Realismus zu predigen, ist gewiß verdienstvoll. Zugleich jedoch die Realität unverändert grotesk zu belassen, das ist zynisch.“

Nikolaus Blome, Kolumnist, auf „Spiegel-Online“ am 26. Oktober