© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/20 / 30. Oktober 2020

Ausfahrt der Woche
Keine Nummer gerade sein lassen
Christian Vollradt

Luxusautos sind auf den Straßen in Berliner Brennpunkt-Kiezen durchaus keine Seltenheit. Das liegt daran, daß die Karossen nicht unbedingt im klassischen Sinne käuflich erworben, sondern mitunter geleast, gemietet und dabei unter Zuhilfenahme nicht ganz bürgerlich-astreiner Finanzierungsmodalitäten bezahlt werden. Nicht immer, aber häufig, hat dann nicht nur das Kfz, sondern auch sein Fahrer einen Migrationshintergrund. Nicht ohne Grund bediente sich also die CDU in der Hauptstadt aus der Klischeekiste, indem sie zur Vorstellung ihres Aktionsplans gegen Clankriminalität im Bezirk Neukölln einen gelben Lamborghini mit aufgeklebten Einschußlöcher-Imitaten und dem nicht-amtlichen Kennzeichen „B - EY BEY“ präsentierte, um ihn dann augenfällig abschleppen zu lassen. Doch während nach Pawlowscher Gesetzmäßigkeit die ersten politischen Mitbewerber dem künftigen CDU-Spitzenkandidaten Kai Wegner noch latenten Rassismus unterstellten, geschah etwas an der Spree eher Seltenes: Die Staatsgewalt reagierte – und zwar sofort und pingelig. Weil der hochmotorisierte „Lambo“ samt breiter Schlappen, jedoch ohne echtes Nummernschild eine Weile auf einer öffentlichen Straße stand, nahm ein Amtsanwalt die Ermittlungen auf. Denn dadurch liege beim Mietmobil möglicherweise der Tatbestand des Kennzeichenmißbrauchs vor.