© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/20 / 30. Oktober 2020

Quivis Antiburschius
Universität: Wie Linksextreme zu Semesterbeginn junge Studenten mit Propaganda beeinflussen wollen
Hinrich Rohbohm

Die Geschichte beginnt mit einer schwarzen Stofftasche. „AStA Uni Hannover“ steht darauf. Als Logo dient ein Stern, wie er in der linksradikalen Szene häufig als Erkennungssymbol für Gleichgesinnte verwendet wird. „Für eine Uni ohne Co(r)ps – rechte Strukturen entlarven“, lautet die ebenfalls auf die Tasche aufgedruckte Botschaft. Ihr Adressat: Die Erstsemester-Studenten der Hannoveraner Leibniz-Universität (LUH).

„Jeder Studienanfänger hat so eine Tasche als Starter-Paket bekommen. Eigentlich soll das ja als Orientierung für die Neuen dienen. Aber hier wird zum Kampf gegen Polizisten und Verbindungsstudenten aufgerufen“, empört sich ein Student der Uni im Gespräch mit der JUNGEN FREIHEIT. Er greift in die schwarze Stofftasche und zieht eine Fülle von Informationsmaterial heraus. Nützliche Tips über die Infrastruktur der Uni sind kaum dabei. Dafür um so mehr politisch eingefärbte Materialien aus der linksradikalen Szene.

„Polizei raus aus der Uni“,  läßt der AStA unter seinem Namen eine Broschüre verbreiten, in der der Polizei eine Nähe zum Rassismus unterstellt wird. „Studentische Verbindungen?! Basic Facts und Grundlagen der Kritik am deutschen Korporationswesen“ ist in einer weiteren Broschüre zu lesen. Abgebildet ist eine Fratze, die einem Horrorfilm entsprungen sein könnte. Tatsächlich soll sie jedoch einen Burschenschafter darstellen.

Im Impressum wird das Ganze als „Gemeinschaftsprojekt des AStA der Uni Hannover und luh_contra zur Erstsemesterbegrüßung“ bezeichnet. Während der AStA – die Kurzform von Allgemeiner Studentenausschuß – als exekutives Organ der verfaßten Studentenschaft fungiert (JF 35/20), handelt es sich bei „luh_contra“ um eine „antifaschistische Gruppe“, deren Anspruch eigenen Angaben zufolge „eine radikale Kritik an den politischen, ökonomischen und sozialen Zuständen in dieser Gesellschaft“ sei. Man setze sich ein „für eine solidarische, befreite Gesellschaft – jenseits von Kapitalismus und Nationalstaat.“ Die Gruppierung kooperiert auch mit der DKP-nahen Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA), die laut bayrischem Verfassungsschutz als „bundesweit größte linksextremistisch beeinflußte Organisation im Bereich des Antifaschismus“ gilt.

Auch die sich als „antinational“ bezeichnende Zeitung Straßen aus Zucker ist im Paket für die Erstsemester enthalten. Hinter der Zeitung verbirgt sich eine Gruppe, die sich „Top B3rlin“ nennt und in der Kastanienallee 85 in Berlin-Prenzlauer Berg sitzt. Hierbei handelt es sich um eine Adresse des sogenannten Mietshäuser-Syndikats (JF 19/20) aus der linksradikalen Hausbesetzer-Szene.

Mit Gebühren finanzierte Werbung für Linksradikale  

Ein weiteres „Infoheft“ des AStA gibt im Rahmen eines „Alternativen Einführungsprogramms“ Tips über „Korrekte Orte“ für Studenten. Daß darunter vor allem linksradikale Szenetreffs zu verstehen sind, wird bei der Lektüre schnell deutlich. So wird etwa für einen Besuch im FAU-Lokal geworben. Hinter FAU verbirgt sich die Freie Arbeiterinnen und Arbeiter-Union, eine anarchosyndikalisitische Gewerkschaftsföderation, die den Parlamentarismus ablehnt und im Bericht des Bundesverfassungsschutzes 2019 unter Linksextremismus Erwähnung findet. Auch für den der verbotenen kurdischen PKK nahestehenden Verein NAV-DEM wird in dem Heft die Werbetrommel gerührt. Ebenso für die monatlichen Treffen der linksradikalen „Antifa L“, die in dem Erstsemesterpaket ihr „Jugendcafé“ im Unabhängigen Jugendzentrum Kornstraße (UJZ) bewirbt.

Das nahe der Universität befindliche UJZ dient als zentraler Treffpunkt für die linksradikale Szene. Durch die Bewerbung über die sogenannten Erstsemester-Infopakete versuchen diese nicht zuletzt Nachwuchs zu gewinnen. Graffiti-Schmierereien und Antifa-Aufkleber prägen das nachbarliche Umfeld des UJZ und wechseln sich mit Aufklebern der der Linkspartei nahe tehenden Linksjugend Solid ab. Ein roter Stern markiert an der ebenfalls rot gestrichenen Fassade den Eingangsbereich des Gebäudes. In der oberen Etage ist Aktivität zu verzeichnen. Mehrere Personen kommen dort in einen Raum hineingeströmt, offenbar findet gerade ein Treffen statt. Dann werden die Jalousien heruntergelassen.

„Und solche fragwürdigen Werbeinfos werden dann auch noch mit unseren Semesterbeiträgen finanziert“, kritisiert unser Informant von der Uni. Eine Wahl, dies abzulehnen, haben die Studenten kaum. Jeder von ihnen ist verpflichtet, seine Semesterbeitrräge zu entrichten, will er an der Universität studieren. Gelder, durch die sich linksradikale Kräfte ihre Infrastruktur aufbauen und erhalten können und mit der kostenlosen Werbung, etwa für derartige Antifa-Cafés und „Jugendzentren“, potentielle Kundschaft generieren. An den allermeisten anderen Universitäten in Deutschland sieht es ähnlich aus.

In Göttingen veranstaltet der AStA sogenannte Alternative Stadtführungen, bei welchen den neuen Studenten etwa gezeigt wird, wo sich Verbindungsstudenten aufhalten. Durchgeführt werden diese „Ersti“-Einführungen von den jeweiligen Fachschaften, die hierfür zumeist freiwillige Studenten suchen und engagieren. Doch nicht jeder wird genommen. Stimmt die politische Gesinnung nicht, so wird der Bewerber selbst bei personellen Engpässen abgelehnt. Jüngst ist es so Maximilian Reinberger ergangen, Mitglied des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) in Münster. Die Begründung der zuständigen Politik-Fachschaft: Reinberger sei Teil einer katholischen Studentenverbindung und könne ja womöglich unter den Erstsemestern für seine Verbindung werben.

„Folgt man dieser absurden Argumentation, dürften sich jegliche Mitglieder aller Organisationen, die bei der Universität akkreditiert sind, nicht als Erstsemester-Betreuer engagieren“, kritisiert der RCDS Münster die Ablehnung ihres Mitglieds. Und betont: „Für uns ist dieses Verhalten ideologiegesteuert und intolerant und zeigt eine klare Doppelmoral der Fachschaft. Die Politik-Fachschaft schließt damit pauschal Studenten von ihrer Arbeit aus, die in zugelassenen Hochschulgruppen engagiert sind. Eine offene Uni sieht für uns anders aus.“ Wie „offen“ es beim AStA der Universität Hannover zugeht, zeigt jedenfalls der Blick in die schwarze „Ersti“-Stofftasche.