© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/20 / 30. Oktober 2020

Versprochen und gehalten
Rückschau auf die Amtszeit Donald Trumps: Was hatte der Präsident der USA angekündigt zu tun und was hat er umgesetzt? Eine Übersicht
Ronald Berthold

US-Präsident Donald Trump stellt sich nächste Woche der Wiederwahl. Selten sah sich ein führender Politiker so dauerhaft dem Trommelfeuer von Presse und politischen Gegnern im In- und Ausland ausgesetzt. Ist die unaufhörliche, zum Teil haßerfüllte Kritik berechtigt?

Mit seiner Wahl 2016 verbanden viele Amerikaner Hoffnungen auf einen grundlegenden Wandel. Der heute 74jährige hatte versprochen, Amerika wieder groß zu machen. Dazu gehörte, die Wirtschaft anzukurbeln, nach Fernost verlagerte Arbeitsplätze zurückzuholen, die illegale Einwanderung zu bekämpfen, China die Stirn zu bieten und eine Politik zu betreiben, die „Amerika zuerst“ im Blick hat.

Außenpolitisch kündigte er an, Kriege zu beenden, GIs heimzuholen und dem Friedensprozeß im Nahen Osten neuen Schwung zu verleihen. Im Wahljahr kam ihm die Corona-Pandemie dazwischen, in der der Präsident nicht immer eine gute Figur abgab. Was hat der „Dealmaker“ gehalten, was nicht? Trump sagt über sich: „Ich bin der einzige Kandidat, der euch mehr gegeben hat als im Wahlkampf versprochen.“ Stimmt das? Die JUNGE FREIHEIT macht den Check.





Einwanderung

Trump hatte angekündigt, die illegale Migration über die Südgrenze einzudämmen. Tatsächlich erließ er als Präsident mehr als 400 Dekrete, damit dort keine Einreiseanträge mehr bearbeitet werden. Das war so erfolgreich, daß die Einwanderungsbehörde zahlreiche Mitarbeiter entlassen mußte. Auch der Bau einer Mauer an der 3.145 Kilometer langen Grenze zu Mexiko gehörte zu den zentralen Versprechen des Republikaners. Trotz finanzieller Blockade des von den Demokraten beherrschten Kongresses hat Trump mit dem Bau der Befestigungen begonnen. Um die Kosten tragen zu können, rief er den Notstand aus. Inzwischen sind 494 Kilometer fertig. Das entspricht der Entfernung von Kiel nach Leipzig über die A7.





Corona-Pandemie

Die Pandemie verhagelte dem Präsidenten nicht nur die bis dahin herausragende Wirtschaftsbilanz. Er gab auch nicht immer die beste Figur ab. Zwar verbot er lange vor der EU Flüge aus China. Aber zu widersprüchlich, provokativ und zuweilen peinlich waren seine Aussagen im Zusammenhang mit der Krankheit. Aufgrund der föderalen Strukturen der USA blieb die Entscheidung über die Pandemie-Maßnahmen in den Händen der Gouverneure, die ebenfalls zahlreiche Fehler machten. Trump untersagt seit März per Proklamation Touristen aus dem Schengen-Raum, also auch Deutschen, die Einreise.





UN-Migrationspakt

Im 2016er Wahlkampf spielte der UN-Migrationspakt keine Rolle. Insofern fällt dessen Ablehnung in die Kategorie „Mehr gehalten als versprochen“. Als einziger von 193 UN-Mitgliedsstaaten verweigerten die USA die Billigung des Vertrages, der maßgeblich von Trumps Vorgänger Barack Obama erdacht worden war. Der Pakt erklärt Migration von armen in reiche Länder zu einem globalen Grundrecht. Später – zum Teil erst nach der Verabschiedung in Marrakesch 2019 – folgten diverse osteuropäische Staaten, Australien und Österreich dem Schritt Trumps.





Justiz

Ein bleibender Triumph bleibt, unabhängig von seiner Wiederwahl, die Besetzung des Obersten Gerichtes der USA. Trump konnte in seiner ersten Amtszeit drei neue konservative Richter auf Lebenszeit einsetzen – zuletzt im Eilverfahren diesen Montag die strenggläubige Katholikin Amy Coney Barrett. Das Mehrheitsverhältnis am Supreme Court verschob sich damit auf 6:3 zugunsten der Republikaner.





Verteidigungspolitik

Im Vergleich zu seinen Vorgängern hat sich Donald Trump militärisch sehr zurückgehalten. Trotz zahlreicher global auftretender Konfliktherde führten die US-Streitkräfte auf seinen Befehl 2017 und 2018 lediglich jeweils einen Luftangriff in Syrien aus. Zudem ließ er am 2. Januar den iranischen General der Revolutionsgarden, Qassem Soleimani, per Drohnenangriff in Bagdad töten. Kriege, wie Obama, der Friedensnobelpreisträger, Bush und Clinton zuvor, hat er nicht begonnen. Trump zieht außerdem gemäß seines Wahlversprechens Soldaten aus dem Ausland ab. Allein 12.000 der 36.000 hier stationierten GIs werden Deutschland verlassen. Unter Trump ist die USA kein Weltpolizist mehr, der mit Waffengewalt seine Interessen durchsetzt. Der Präsident vertraut mehr seinem Verhandlungsgeschick denn Militäroperationen. Daß er sich als „Dealmaker“ bisweilen überschätzt, zeigten seine Treffen mit Nordkoreas Diktator 2018: In Hinblick auf das eigentliche Ziel, Nordkorea zur Beendigung seines Atomprogramms zu bewegen, waren die spektakulär inszenierten Begegnungen nicht nur ergebnislos, sondern sie werteten Kim Jong-un vor der Weltöffentlichkeit auf und verschafften ihm Zeit.





Staatsverschuldung

Die Verschuldung des Staatshaushaltes ist unter Trump stetig gestiegen. Er übernahm Miese von 19,8 Billionen Dollar. Schon kurz nach seiner Amtszeit wuchs das Manko auf 20,3. Im November 2018 erreichte es rund 22 Billionen. Bis Juni 2019 blieb die Verschuldung konstant, um dann im Februar dieses Jahres – also noch vor der Corona-Krise – auf 23,4 Billionen zu klettern. Insgesamt haben die USA in ihrem Fiskaljahr, das dort traditionell im Oktober beginnt, schon 2,7 Billionen Dollar neue Schulden angehäuft. Im Zuge der Hilfsprogramme für die gebeutelte US-Wirtschaft steht die Staatsverschuldung aktuell bei 26,9 Billionen Dollar – ein Plus von 40 Prozent. Unter Vorgänger Barack Obama wuchs sie allerdings ohne Pandemie um 100 Prozent.





Außenhandel

Seinen Slogan „America first“ verband Trump mit dem Ziel, aus für die USA wirtschaftlich schädlichen Verträgen auszusteigen. Kurz nach seiner Wahl beerdigte Trump das fertige, von Obama mit der EU ausgehandelte Freihandelsabkommen TTIP. Das von ihm im Wahlkampf als „schlechtesten Deal aller Zeiten“ bezeichnete Nafta-Freihandelsabkommen mit Kanada und Mexiko von 1994 konnte der Präsident tatsächlich beenden und ein neues aushandeln. Die drei Länder einigten sich auf Trumps Druck im vergangenen Dezember auf das USMCA-Abkommen, das für die USA deutliche Vorteile bringt. Außerdem zog sich Trump aus dem Handelsabkommen der Transpazifischen Partnerschaft zurück.





Klimawandel

Die USA traten, wie von Trump im Wahlkampf angekündigt, 2017 aus dem Pariser UN-Klimaschutzabkommen aus. Es war nur vier Tage vor dessen Wahl in Kraft getreten. Der Präsident hatte es als „unfair“ bezeichnet. Der Vertrag verpflichtet die Industriestaaten, von 2020 bis 2025 jährlich 100 Milliarden Dollar für den Umbau der Energieversorgung auszugeben und zur Beseitigung von durch den Klimawandel angerichtete Schäden an Entwicklungsländer zu zahlen. China – obwohl nach den USA die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt – ist als Schwellenland davon ausgenommen.





Arbeitsmarkt

Die Arbeitslosenquote sank unter Trump Jahr für Jahr, bis sie 2019 mit 3,67 Prozent den tiefsten Stand seit 50 Jahren erreichte. Selbst in den konjunkturschwachen Monaten Januar und Februar 2020 fiel sie weiter bis auf das Rekordtief von 3,5 Prozent. Dann kam das Coronavirus und damit ein Anstieg auf 14,4 Prozent im April. Insgesamt verloren zwischenzeitlich 23,5 Millionen Amerikaner ihre Arbeit. 11,5 Millionen fanden danach wieder einen neuen Job. Im September lag die Arbeitslosenquote noch bei 7,9 Prozent.





Krankenversicherung

Ein großes Thema im Wahlkampf vor vier Jahren war das vom scheidenden Präsidenten eingeführte „Obama-Care“. Trump versprach, das bei vielen Amerikanern wegen ihres Pflichtcharakters und den teuren Leistungen unbeliebte Gesundheitssystem zu reformieren. Das gelang nur zum Teil. Die Pflicht, dieser gesetzlichen Krankenversicherung beizutreten, konnte der Präsident zwar aufheben. „Obama-Care“ durch ein anderes System zu ersetzen, scheiterte jedoch, auch an Republikanern.





Handelskrieg mit China

Trump macht China für die negative Handelsbilanz zwischen den beiden Ländern verantwortlich und wirft den Asiaten Diebstahl geistigen Eigentums vor. Um das Defizit zu reduzieren, begann er einen Handelskrieg mit dem kommunistischen Staat. Gegenseitige Strafzölle folgten. Der Erfolg für die USA blieb jedoch mäßig. Das Minus sank zwar zunächst von 594 im Jahr 2015 auf 351 Milliarden Dollar. Im vergangenen Jahr stieg es aber wieder auf 422 Milliarden.





Nahost-Politik

Trump hat als erster Präsident das permanente Versprechen der USA eingelöst, Jerusalem als israelische Hauptstadt anzuerkennen. Er verlegte die Botschaft von Tel Aviv dorthin. Wie angekündigt brach er auch mit dem iranischen Atomabkommen, das der Islamischen Republik erlaubt, die Kernenergie friedlich zu nutzen. Die USA befürchten jedoch, daß das Mullah-Regime, das mit der „Vernichtung“ Israels droht, die Atombombe entwickelt. Trump gelang es auch, den Nahost-Friedensprozeß wieder in Gang zu setzen, indem er die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie Bahrain vermittelte.





Steuern und Wirtschaft

Schon kurz nach Amtsantritt setzte Trump ein zentrales Wahlversprechen um: Er senkte die Steuern für Arbeitnehmer und Unternehmer deutlich. Unter anderem setzte er die Körperschaftssteuer von 35 auf 21 Prozent herab. Die Kaufkraft wuchs. In der Folge stieg das Wirtschaftswachstum, das 2016 noch bei 1,6 Prozent gelegen hatte: 2017 um 2,4, ein Jahr später um 2,9 und 2019 um 2,3 Prozent. Die von Trump versprochenen 3,5 Prozent wurden jedoch nie erreicht. Für 2020 wird wegen der Corona-Pandemie nun ein Einbruch um 4,3 Prozent erwartet.