© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/20 / 30. Oktober 2020

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Haben Sie schon mal von dem Heimwegtelefon gehört? Bei dieser Einrichtung kann anrufen, wer sich allein abends/nachts auf seinem Nachhauseweg unwohl fühlt. Man gibt seinen Standort durch und nennt sein Ziel. Ehrenamtliche Mitarbeiter des Vereins begleiten einen dann gesprächsweise bis zur Wohnungstür. Nach Angaben der Betreiber vermittle das dem Anrufer ein größeres Sicherheitsgefühl. Zudem biete das Heimwegtelefon den Vorteil, daß der Mitarbeiter im Falle eines drohenden Übergriffs direkt die Polizei einschalten könne. Die Idee dazu stammt aus Schweden. In Stockholm ist das Projekt jedoch unmittelbar bei der Polizei angesiedelt. Hierzulande sind die Initiatoren auf Spenden und Sponsoring angewiesen. Bundesweit erreichbar ist der Service im Moment von Sonntag bis Donnerstag zwischen 20 und 24 Uhr sowie freitags und samstags von 22 Uhr bis 3 Uhr früh.


Lesefundstück I: „Während die Lautsprecher der politischen Korrektheit von Buntheit, Diversität und Multikulturalität tönen, leben wir längst in einem radikal illiberalen Zeitalter, das keine Diskussionen mehr kennt. Daß Deutschland debattenunfähig geworden ist, ist das Resultat einer fanatischen Moralisierung aller Lebensfragen.“ (Norbert Bolz, Medienwissenschaftler, im Cato-Magazin, Nr. 6, Oktober/November 2020)


Auf das Begleittelefon aufmerksam geworden bin ich vorige Woche durch den neuen Thriller von Sebastian Fitzek. Er heißt „Der Heimweg“ und spielt mit der Angst des Nachhausekommens. In der jüngsten Geschichte des Spannungsgroßmeisters sitzt Jules Tannberg Samstagabend in seinem Arbeitszimmer und begleitet eine junge Frau, Klara, telefonisch durch die Nacht. Nebenbei läuft im Fernsehen „Aktenzeichen XY  ... ungelöst“. Fitzek: „Jules saß am Schreibtisch und dachte darüber nach, daß das Rauschen in seinem Ohr perfekt mit dem Blut an der Wand harmonierte.“


Lesefundstück II: „Eine Frage, die sich Journalisten regelmäßig stellen, lautet: Was kann man tun, um die AfD kleinzuhalten? Ich lehne schon die Fragestellung ab. Es ist die Aufgabe der politischen Konkurrenz, die AfD kleinzuhalten, aber doch nicht von uns Journalisten. (…) Es heißt immer, die Spaltung der Gesellschaft nehme zu. Ich bin absolut für Spaltung. Ich halte Spaltung in einer Demokratie für das Normalste der Welt. Mir geht nichts so sehr auf die Nerven wie die Kuhstallwärme der Gesinnungsgemeinschaft.“ (Jan Fleischhauer, Journalist, in dem Branchenblatt für seine Berufsgruppe Medium-Magazin, Ausgabe 4/2020)