© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/20 / 06. November 2020

Geldglück
Mathias Pellack

Jemand, der von sich selbst sagt: „Es gibt in Deutschland keine andere Person, die so viel für die Popularität der Aktie getan hat wie ich“, ist entweder ein Schwindler oder André Kostolany. Mit der Wahrheit ist es unter Börsianern und Spekulanten manchmal nicht weit her. Kostolany allerdings blieb alle sein Lebtag klarsichtig genug, um zu erkennen: „Ein erfolgreicher Spekulant gewinnt bei hundert Spekulationen 51mal und in 49 Fällen verliert er.“ Gleichzeitig war der gebürtige Ungar, dessen Wunschberuf Journalist oder Feuilletonredakteur war, fähig, diese Weisheiten knapp auf den Punkt zu bringen. Eine besondere Beziehung verband ihn dabei mit den Deutschen. Wir waren für Kostolany „der Tücke des Geldes nicht gewachsen. Das Volk der Romantiker, Philosophen und Musiker ist in Geldangelegenheiten unromantisch und verliert jeden Hang zur Philosophie und besonders zur Phantasie.“ Fast als wären wir ein Volk von „Zahlenfanatikern“ und „Pseudowissenschaftlern“, die er in einer Berufsgruppe besonders personifiziert sah und die er so lebhaft und oft schmähte, daß ihnen ein eigener Exkurs gewidmet ist: den Volkswirten und Wirtschaftswissenschaftlern. „Ich klage an“, zitieren die Autoren der Reihe über „Börsen-Legenden“ Kostolany, „die Berufsvolkswirte wegen ihrer totalen Verdummung der Sparer und der totalen Verwirrung, die sie in den Köpfen des Publikums, der Geschäftsleute und Unternehmer anrichten. Ihre Volkswirtschaft ist eine Wissenschaft, die vergebens sucht, was Wissen schafft.“ Denn „man kommt ans Ziel, nur nie auf gerader Linie“. Auf gut hundert Seiten nähert man sich dem Grandseigneur des Börsenparketts und erhält Einblicke in die Welt der Aktien- und Anleihegeschäfte, wie der Börsenpraktiker ­Kostolany sie sah, der aus eigener Kraft mit Mitte dreißig derart zu Wohlstand gekommen war, daß er erwog, in Rente zu gehen. Er selbst allerdings blieb immer ehrlich und dachte auch nicht, daß es Arbeit sei, an der Börse zu spekulieren. Dort „verdiene“ man kein Geld – nein, man „mache“ es. Beachtenswert ist auch sein klügstes Gebot für den erfolgreichen Investor: „Genügend Geld haben, um nicht unter Druck zu kommen.“


Ralf Morrien, Heinz Vinkelau: Alles, was Sie über André Kostolany wissen müssen. Der Grandseigneur der Börse auf gerade mal 100 Seiten, FinanzBuch Verlag, München 2020, gebunden, 112 Seiten, 14,99 Euro