© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 47/20 / 13. November 2020

Wie ein Fisch im Wasser
Terror und islamische Gegengesellschaften: Es geht um die künftige Macht über Europa
Michael Paulwitz

Programme für den Kampf gegen Islamismus und Islam-Terror haben nach der Serie blutiger Terroranschläge in Paris, Nizza und Wien Konjunktur. Sogar ein Robert Habeck spricht sich nunmehr für „Null-Toleranz“ gegenüber islamistischen Gefährdern aus. Das ist bemerkenswert; galten doch seiner Partei und ihrer Klientel solche Forderungen bislang eher als „rechtspopulistisch“ und „islamfeindlich“.

Sollten den Worten diesmal auch Taten folgen, wäre das immerhin ein Anfang. Haßprediger und Gefährder aus unserer Mitte zu entfernen, radikal­islamische Vereine und Moscheen zu schließen und ihnen die finanzielle und ideologische Munitionierung aus dem Ausland zu verwehren, ist zweifellos ein notwendiger Schritt im Kampf gegen den Islamismus und die Quellen des Islam-Terrors.

Aber damit ist es noch lange nicht getan. Das Substrat für den islamischen Terror, der in Deutschland und zahlreichen weiteren westeuropäischen Ländern zur alltäglichen und allgegenwärtigen Bedrohung geworden ist, läßt sich nämlich nicht auf eine begrenzte Zahl von Gefährdern, Aufhetzern, extremistische Islamvereine und radikalisierte und vom Ausland finanzierte Moscheegemeinden reduzieren.

In den nach Millionen zählenden muslimischen Bevölkerungen Deutschlands und Westeuropas hat sich eine islamistische Gegenwelt formiert. Zwei Drittel der Muslime in Europa halten ihre religiösen Regeln für wichtiger als die Gesetze des Landes, in dem sie leben, hat der niederländische Sozialwissenschaftler Ruud Koopmans in einer sechs Länder umfassenden Studie festgestellt.

In dieser Parallelwelt, in der die fundamentalistischen Auffassungen der Terroristen breite Sympathie genießen und auch von einer Vielzahl derer geteilt werden, die selbst nicht zur Tat schreiten, können sich radikale Islamisten, Terroristen und Gefährder frei bewegen und schwimmen wie der Fisch im Wasser. Und sie können in diesem wachsenden und von außen laufend mit neuen Sympathisanten versorgten Gegenuniversum jederzeit Unterstützer und Mitkämpfer rekrutieren.

Das unterscheidet den islamischen Terror von rechtsextremistisch motivierter Gewalt, die Politik und Medien als größte Bedrohung für Freiheit und Demokratie hinstellen wollen. Rechtsextremer Terror ist, allen gegenläufigen Behauptungen zum Trotz, gesellschaftlich und auch im eigenen Lager isoliert und geächtet. Der islamische Terror ist ungleich gefährlicher, weil er sich über die muslimischen Gegengesellschaften schon aufgrund der schieren demographischen Dynamik immer tiefer in die Gesellschaft hineinfrißt.

In den Jubelorgien, die die sozialen Netzwerke nach jedem Terrorakt weitgehend unwidersprochen fluten, blitzt diese Dynamik ebenso auf wie in der Weigerung ganzer Schulklassen, an einer Gedenkminute für den zum Märtyrer der Meinungsfreiheit gewordenen französischen Lehrer Samuel Paty teilzunehmen, weil dessen Mörder für sie ein Held ist.

Daraus folgt in unerbittlicher Logik: Wer es ernst meint mit der Bekämpfung des islamischen Terrors, der muß ihm den Nährboden entziehen; der muß sich den islamischen Parallelgesellschaften entgegenstellen und den Willen aufbringen, das für die freiheitliche Republik bereits verlorene Gelände zurückzuerobern. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist zumindest rhetorisch inzwischen bei dieser Konsequenz angekommen.

Der Kampf gegen Islamismus und Islam-Terror ist Teil eines Kampfes der Kulturen, bei dem es um die Macht über Eu­ropa geht und darum, welche Rechts- und Werteordnung hier künftig gelten soll. Diesen Kampf können die europäischen Staaten nicht an die Sicherheitsbehörden delegieren und ansonsten alles weiterlaufen lassen.

Es reicht auch nicht, schöne Dinge in Lehrpläne zu schreiben und die Schulen als Reparaturbetrieb für falsche Einwanderungspolitik zu mißbrauchen, wenn die Lehrer anschließend allein auf verlorenem Posten stehen. Und die grün-linken Patentrezepte der Sozialpädagogik sind eine Lachnummer, wenn die Attentäter von Wien und Dresden angeblich erfolgreich an „Deradikalisierungsprogrammen“ teilgenommen haben und danach mit Messer und Sturmgewehr zum Dschihad ausrücken.

Um das Blatt zu wenden und den Kampf der Kulturen gegen den radikalen und erobernden Islam zu gewinnen, müssen die Europäer sich von der Illusion der multikulturellen Gesellschaft verabschieden, die den Migranten als Betreuungsobjekt und Projektionsfläche für gesellschaftliche Utopien mißbraucht, das Eigene verleugnet und importierten feindseligen Ideologien Narrenfreiheit einräumt.

Sie müssen auf warnende Stimmen wie die von Ayaan Hirsi Ali hören und als ersten Schritt die weitere Einwanderung aus muslimischen Ländern sofort und vollständig beenden. Sie müssen zweitens allen hier lebenden Moslems, eingebürgert oder nicht, die klare Ansage machen: Es gibt keine Sonderrechte, wer die hier geltende Rechts- und Werteordnung nicht ausnahmslos akzeptiert, der muß gehen. Und sie müssen drittens die Kollaboration mit den großen Islamverbänden beenden, die das Individualgrundrecht der Religionsfreiheit für den Anspruch pervertieren, einen Staat im Staate zu errichten.

Die „Deutsche Islamkonferenz“ steht paradigmatisch für das Scheitern Deutschlands im Kampf gegen den Islamismus: Während andere europäische Länder Razzien gegen die „Muslimbrüder“ durchführen, sitzt der deutsche Innenminister mit ihren Marionetten am virtuellen Konferenztisch und vergrault loyale Persönlichkeiten wie Hamed Abdel-Samad, der seine Mitarbeit in der Konferenz gekündigt hat, weil er nicht länger als Feigenblatt herhalten will. Auch dieser Warnschuß wird wohl ungehört verhallen. Es geht um das Überleben unserer Zivilisation – doch die deutsche Politik sendet aus Bequemlichkeit weiter Signale der Unterwerfung.