© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 47/20 / 13. November 2020

Irfan Peci. Der Ex-Dschihadist nimmt kein Blatt vor den Mund und macht sich unbeliebt.
Der Warner
Hans Walther

Die Fahnder kamen im Morgengrauen, und nun hat Österreichs grüne Justizministerin Alma Zadic ein Problem, während Islamkritiker Irfan Peci sich bestätigt sieht. Nach dem Terroranschlag von Wien durchsuchte die Polizei am Montag Einrichtungen, die zum Umfeld der Moslembruderschaft gehören könnten, darunter das Islamische Kulturzentrum Graz. Noch ist nicht klar, was die Razzia ergeben hat, aber als Zadic im Januar das IKZ besuchte, kritisierte der in Wien lebende Peci das in einem Interview mit der rechtsgerichteten Zeitung Wochenblick aus Oberösterreich. Flugs war für Politik und Medien klar, daß Pecis Kritik nichts weiter als Teil einer „rechten Kampagne“ sei. Zu der nun wohl auch die Staatsanwaltschaft Graz gehören müßte.  

Dabei war es länger ruhig um Irfan Peci geworden, denn bevor der islamische Terror unlängst wieder Paris traf, schien die Gefahr, vor der er unablässig warnt, kaum noch zu interessieren. Zu Unrecht, denn der ehemalige Islamist ist ein ausgewiesener Experte in puncto Fundamentalismus, Deradikalisierung und Prävention. Immer wieder war er in der Vergangenheit auch Gast der Medien, etwa in Talkshows wie „Markus Lanz“ oder TV-Dokumentationen. Außerdem ist er Mitglied im Expertenrat der Landesregierung Baden-Württemberg gegen Antisemitismus.

Bekanntheit erlangte der 1989 in Novi Pazar in Serbien geborene und im oberpfälzischen Weiden als Kriegsflüchtling aufgewachsene Moslem erstmals, als er 2007 zum Anführer der „Globalen Islamischen Medienfront“ (GIMF) aufstieg, dem damals wichtigsten Propaganda-Netzwerk Al-Qaidas. Sein kometenhafter Aufstieg fand 2011 ein jähes Ende vor dem Oberlandesgericht München. Es folgte die Sensation: Der GIMF-Chef erwies sich als V-Mann des Verfassungsschutzes.

Zuvor aber hatte ihn der 11. September 2001 auf die schiefe Bahn gebracht, obwohl er in Bayern unter den Fittichen katholischer Nonnen im Kindergarten brav mitbetete, Kirchenlieder sang und den Gottesdienst besuchte. Doch die Wucht der Bilder aus New York schlug ihn in Bann, wurde zu einem Erweckungserlebnis: Fasziniert vom Kampf David gegen Goliath verschlang er alles über al-Qaida. Doch am Ziel seiner radikalen Träume angekommen, begann ein innerer Läuterungsprozeß, den er in seinem Buch „Der Dschihadist. Terror made in Germany“ (2015) beschrieb. 

Heute arbeitet Perci, der gläubiger Moslem geblieben ist, als Dozent und Rechercheur. Kürzlich berichtete er über einen Islamisten und „Grauen Wolf“ im Sicherheitsdienst der Deutschen Bahn. Doch ist er nicht mehr überall wohlgelitten, denn Peci macht vor deutschen Tabus nicht halt. Etwa bezweifelt er die beliebte Gleichsetzung von Rechtsextremismus und Islamismus, stellt statt dessen Gemeinsamkeiten mit der Linken fest. So macht man sich in Politik und Medien natürlich keine Freunde.