© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 47/20 / 13. November 2020

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Debatte um Einsatz bei „Querdenken“-Demo 

BERLIN. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat die Kritik am Polizeieinsatz bei den „Querdenken“-Protesten am Sonnabend in Leipzig zurückgewiesen: „Wir müssen damit aufhören, die Taktik der Polizei im nachhinein ohne Kenntnis von Details, ohne vollständiges Bild per Ferndiagnose zu hinterfragen“, so Seehofer. Polizei und Justiz stehen wegen der Demonstration der „Querdenken“-Bewegung gegen die Corona-Maßnahmen in der Kritik. Viele der laut Polizeiangaben 20.000, Beobachtern zufolge über 40.000 Teilnehmer hatten keine Masken getragen und das Abstandsgebot nicht eingehalten. Daraufhin war wegen des Verstoßes gegen die Auflagen die Kundgebung aufgelöst worden. Danach wurden die Demonstranten nicht daran gehindert, in die Innenstadt zu ziehen. Leipzigs Polizeipräsident Torsten Schultze hat das Vorgehen seiner Beamten am Samstag verteidigt. Der Einsatz habe drei Ziele gehabt: den friedlichen Verlauf zu gewährleisten, mögliche Gewalttaten zu verhindern und den Infektionsschutz durchzusetzen, sagte Schultze. Die ersten beiden Ziele seien trotz vereinzelter Angriffe auf Polizisten und Journalisten mit Böllern und Flaschen weitgehend erreicht worden, das dritte Ziel nicht. Kritik kam dagegen von den in Sachsen mitregierenden SPD und Grünen. Auch Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) verurteilte die Vorkommnisse scharf. Die Demonstrationsfreiheit sei keine „Freiheit zur massiven Gefährdung anderer“, sagte sie der Welt. „Tausende dicht an dicht ohne Masken sind ein Gipfel der Verantwortungslosigkeit und des Egoismus“, so Lambrecht. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums betonte am Montag, die Demonstranten seien „in ihrer Gesamtheit überwiegend friedlich“ gewesen. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hatte am Sonntag angekündigt, er wolle prüfen lassen, ob die Corona-Schutzverordnung dahingehend geändert werden könne, solche Demonstrationen künftig zu verhindern. Die Versammlungsbehörde der Stadt hatte die Kundgebung zunächst an einen anderen Ort verwiesen. Dies war vom Oberverwaltungsgericht gekippt worden. Bundesinnenminister Seehofer bekräftigte, „alle Beteiligten, die Versammlungsbehörden, die Polizei und die Gerichte müßten im Lichte der Corona-Pandemie verantwortungsvolle Entscheidungen treffen“. Der CSU-Politiker verwies auf das Versammlungsrecht, das gewährleistet werden müsse, „erst recht in der Krise“. (ls/vo)

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