© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 48/20 / 20. November 2020

Friedensdiktat
Neun Punkte beenden den Konflikt: Rußland und Aserbaidschan gewinnen

Die Erklärung der Präsidenten von Aserbaidschan, Armenien und Rußland über den Frieden bestimmt klar, wer Gewinner oder Verlierer ist: Armenien tritt Gebiete ab. Aserbai­dschan gewinnt diese. Rußland erhält mehr Einfluß in der Region.

1. Ein vollständiger Waffenstillstand und die Beendigung aller Feindseligkeiten im Gebiet des Bergkarabach-Konflikts werden am 10. November 2020 ab 12 Uhr Moskauer Zeit erklärt. Die Republik Aserbaidschan und die Republik Armenien, im folgenden als „Parteien“ bezeichnet, stellen ihre derzeitigen Positionen ein.

2. Der Distrikt Agdam wird bis zum 20. November 2020 an die Republik Aserbaidschan zurückgegeben.

3. Die Friedenstruppen der Russischen Föderation, d.h. 1.960 mit Schußwaffen bewaffnete Truppen, 90 gepanzerte Fahrzeuge und 380 Kraftfahrzeuge sowie Einheiten der Spezialausrüstung, werden entlang der Kontaktlinie in Bergkarabach und entlang des Latschin-Korridors eingesetzt.

4. Die friedensstiftenden Kräfte der Russischen Föderation werden gleichzeitig mit dem Abzug der armenischen Truppen verlegt. Die Friedenstruppen der Russischen Föderation werden für einen Zeitraum von fünf Jahren entsandt, der sich automatisch um weitere fünf Jahre verlängert, sofern nicht eine der Parteien sechs Monate vor Ablauf der laufenden Amtszeit ihre Absicht kundtut, diese Klausel zu beenden.

5. Zur effizienteren Überwachung der Erfüllung der Vereinbarungen durch die Parteien wird ein Friedens­zentrum zur Überwachung des Waffenstillstands eingerichtet.

6. Die Republik Armenien gibt der Republik Aserbaidschan bis zum 15. November 2020 den Bezirk Karawatschar und bis zum 1. Dezember 2020 den Bezirk Lachin zurück. Der Latschin-Korridor (5 km breit), der eine Verbindung zwischen Bergkarabach und Armenien schaffen wird, ohne durch das Gebiet von Schuschi zu führen, bleibt unter der Kontrolle der Friedens­truppen der Russischen Föderation.

Wie von den Parteien vereinbart, wird innerhalb der nächsten drei Jahre ein Plan für den Bau einer neuen Route durch den Latschin-Korridor skizziert, um eine Verbindung zwischen Bergkarabach und Armenien zu schaffen, und die russischen Friedenstruppen werden anschließend verlegt, um die Route zu schützen. Die Republik Aserbaidschan garantiert die Sicherheit von Personen, Fahrzeugen und Fracht, die sich entlang des Latschin-Korridors in beiden Richtungen bewegen.

7. Binnenvertriebene und Flüchtlinge kehren unter der Aufsicht des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in das Gebiet von Bergkarabach und die angrenzenden Gebiete zurück.

8. Die Parteien tauschen Kriegsgefangene, Geiseln und andere inhaftierte Personen sowie Leichen aus.

9. Alle Wirtschafts- und Verkehrsverbindungen in der Region werden freigegeben. Die Republik Armenien garantiert die Sicherheit der Verkehrsverbindungen zwischen den westlichen Regionen der Republik Aserbaidschan und der Autonomen Republik Nachi­tschewan, um den ungehinderten Verkehr von Personen, Fahrzeugen und Fracht in beide Richtungen zu gewährleisten. Für die Überwachung der Transportverbindungen ist der Grenzschutzdienst des Russischen Föderalen Sicherheitsdienstes zuständig. Wie von den Parteien vereinbart, werden neue Transportverbindungen gebaut, um die Autonome Republik Nachitschewan und die westlichen Regionen Aserbai­dschans zu verbinden.