© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 48/20 / 20. November 2020

Umwelt
Viel Frieren und Lüften
Paul Leonhard

Die alten Baumeister brachten an den Fenstern Läden an, die abends zu schließen waren. Hinter der Eingangstür gab es einen dicken Vorhang, damit die Wärme nicht aus der Wohnung entwich. Morgens wurde gründlich gelüftet, was Kinder nach Erkalten des Kachelofens nicht mochten. In der kleinen Wohnstube lag die Temperatur meist um 21 Grad, in der Küche war es drei Grad kälter. Und im Schlafzimmer wurden irgendwie 17 bis 18 Grad erreicht. Die Temperatur in Wohn- und Arbeitsräumen darf nachts oder bei längerer Abwesenheit durchaus auf 16 bis 18 Grad sinken. So lassen sich Heizkosten sparen – und mehr Kälte wagen fordern natürlich auch die verbeamteten Klimaschützer vom Umweltbundesamt im UBA-Ratgeber „Das Energie-Sparschwein“.

Kalte Wohnräume – das freut verbeamtete Klimaschützer und Coronaviren gleichermaßen.

Doch zu kalt darf es auch nicht werden, weil dann Schimmel an den Wänden droht. Das droht auch, wenn es zu feucht ist, weil die Bewohner Atemluft abgeben, also heißt es: lüften. Wie hoch die Raumfeuchtigkeit ist, zeigt einem das im Entfeuchter gesammelte Wasser. Allerdings ist trockene Heizungsluft auch nicht optimal. Das sagen nicht nur die Anhänger von Kamin und Kachelofen, sondern auch Mediziner. Bei einer Luftfeuchtigkeit unter 40 Prozent fühlen sich Grippeerreger oder Coronaviren einfach wohler. Das haben Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (Tropos) Leipzig herausgefunden. Danach läßt eine niedrige Luftfeuchtigkeit die Viren enthaltenden Tropfen zwar schnell austrocknen, aber deren Überlebensfähigkeit bleibt hoch. Je feuchter die Luft ist, desto niedriger ist auch die Ansteckungsgefahr, lautet die Faustregel. Mit dem ultimativen Kühlschrank-Vergleich überzeugt letztlich das Robert-Koch-Institut. Wie sich in diesem Lebensmittel länger halten, so überleben auch Viren bei niedrigeren Temperaturen und trockener Luft länger.