© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 49/20 / 27. November 2020

Ländersache: Mecklenburg-Vorpommern
Stühlerücken in Schwerin
Werner Becker

Nach dem Rücktritt kam die Krankschreibung. An der parlamentarischen Aufarbeitung seines Abgangs als Innenminister Mecklenburg-Vorpommerns wird Lorenz Caffier (CDU) wohl persönlich kaum noch mitwirken. Caffier hatte sein Amt nach 14 Jahren aufgegeben, nachdem bekanntgeworden war, daß er 2018 als Privatmann eine Waffe bei einem Händler gekauft hatte, der Kontakte in die rechtsextreme Szene besitzen soll. Obwohl der CDU-Politiker in immer länger werdenden Rechtfertigungen betonte, davon nichts gewußt zu haben, wurde der Druck am Ende zu groß. „Ich habe eine Waffe bei jemandem erworben, bei dem ich sie aus der heutigen Sicht nicht hätte erwerben dürfen. Aber: Nicht der Erwerb war ein Fehler, sondern mein Umgang damit. Dafür entschuldige ich mich“, schrieb Caffier in seiner Rücktrittserklärung. Zu Beginn hatte er den Kauf der Waffe noch als „Privatsache“ abgetan.

Auffallend ist, daß der 65jährige trotz seiner Prominenz in der Nordost-CDU keinerlei Rückendeckung von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) oder der eigenen Partei bekam. Letztere schwieg sogar dann noch, als Caffier, der gegen den Rat vieler Experten das gescheiterte NPD-Verbotsverfahren maßgeblich vorantrieb, eine Sympathie mit „rechten Kreisen“ unterstellt wurde. Einzig der ehemalige Bildungsminister Mathias Brodkorb (SPD) sprang ihm zur Seite und mußte sich dafür aus dem Umfeld Schwesigs prompt als „Clown“ beschimpfen lassen. 

Eigentlich müßte der CDU der Rücktritt ihres langjährigen Aushängeschilds ein Jahr vor der Landtagswahl durchaus ganz gelegen kommen, da Caffier eine erneute Kandidatur für den Landtag ausgeschlossen hatte. Doch beim folgenden Stühlerücken profitierte ausgerechnet der designierte Spitzenkandidat Michael Sack dann nicht. Der blasse und landesweit unbekannte Politiker muß sich also weiter mit dem schmucklosen Amt des Landrats von Vorpommern-Greifswald begnügen. Mit wenig Chancen, sich gegen die öffentlichkeitswirksame Schwesig profilieren zu können.

Neuer Innenminister wurde überraschend der bisherige Fraktionsvorsitzende Thorsten Renz. Dessen Amt übernimmt mit Wolfgang Waldmüller der bisherige Parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion, dem wiederum auf dessen Posten JU-Chef Franz-Robert Liskow folgt. Für Landrat Sack, der auch nicht im Landtag sitzt, blieb da offenkundig kein Platz. Viele Hoffnungen auf eine Eroberung der Schweriner Staatskanzlei im kommenden Jahr macht sich in der MV-CDU allerdings kaum jemand. 2020 gilt nicht umsonst als Katastrophenjahr des Landesverbandes von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Erst warf der bisherige talentierte Spitzenmann Vincent Kokert überraschend aus privaten Gründen die Politikerkarriere hin, dann geriet auch das bundespolitische Aushängeschild Philipp Amthor in eine peinliche Korruptionsaffäre.

Hinzu kommt, daß SPD und AfD laut politischen Beobachtern einen Polarisierungswahlkampf frei nach dem Motto „Schwesig oder AfD“ führen werden, ähnlich wie im vergangenen Jahr in Brandenburg. Dort hatte die CDU mit ihrem blassen Spitzenkandidaten gegen SPD-Ministerpräsident und laute AfD-Opposition keine Chance.