© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 49/20 / 27. November 2020

Nach dem Brexit nun der Fixit
Finnland: Die Gegner der EU-Mitgliedschaft machen mobil / Die Nettozahlerrolle des Landes ist nur ein Kritikpunkt
Curd-Torsten Weick

Tuomas Malinen, Chefvolkswirt bei dem finnischen Beratungsunternehmen GnS Economics, nahm kein Blatt vor den Mund. Ja, er habe sich im Lauf der vergangenen zehn Jahre von einem Halbbefürworter des Euro zu einem ausgewachsenen Euroskeptiker gewandelt, erklärte er den begeisterten Fixit-Anhängern Anfang September vor dem Parlament in Helsinki. 

Die wahre Tragödie des Euro sei die „Dummheit oder die Gerissenheit seiner Gründer“. Aus den über 200 gescheiterten Währungsunionen in der Geschichte hätten die Gründerväter des Euro nichts gelernt, so der Volkswirtschaftler auch in seinen Schriften. Ein besonderes Problem, so Malinen weiter, sei es, daß niemand die Menschen in Europa gefragt habe, ob sie das alles wollten oder nicht. Der Euro müsse verschwinden oder Finnland müsse dem Beispiel der Briten folgen und aus der EU austreten, so das Credo Malinens.

EU ist kein Friedenprojekt, sondern eine Transferunion

Doch auch viele Finnen verstehen es nicht, daß Finnland in der EU immer nur bezahlen muß. Ihnen stößt auf, daß die EU kein Friedensprojekt, sondern eine Transferunion ist. Auch kritisieren sie, daß immer mehr Befugnisse an die EU abgegeben werden. Dabei rächt sich, daß das Referendum im Jahr 1994 über den Beitritt zur Europäisschen Union nur knapp von den EU-Befürwortern gewonnen wurde (56,9 Prozent Ja-Stimmen).

Ähnlich wie in Ungarn oder in Polen kritisiert die Opposition den EU-Haushaltsplan und den damit zusammenhängenden Coronafonds. Denn Finnland bleibt weiterhin ein Nettozahler – es zahlt für die nächsten sieben Jahre 16,7 Milliarden Euro, erhält aber nur 11,1 Milliarden Euro zurück.

Petteri Orpo, Chef der konservativ-liberalen Nationalen Sammlungspartei, zeigte sich „enttäuscht“, kritisierte aber parallel dazu die oppositionellen Basisfinnen für deren „offene Sympathiebekundungen“ in Richtung Budapest und Warschau. Grund genug für die EU-Abgeordnete der Finnen-Partei Laura Huhtasaari am Samstag, 28. November (13.30 bis 15.30 Uhr), vor dem Parlament in Helsinki auf der nächsten Fixit-Protestveranstaltung zu sprechen.

 Schon im Vorfeld wies sie darauf hin, daß sowohl Orpos als Orbáns Partei Mitglied in der EVP-Fraktion seien. „Die EU entwickelt sich zu einer Föderation, in der souveräne Nationalstaaten durch die Brüsseler Zentralregierung und eine Schulden- und Transferunion ersetzt werden. Eine solche Union ist der falsche Platz für Finnland, das bis heute teuer für die Aufgabe seiner Unabhängigkeit bezahlt hat“, erklärte Huhtasaari ihre Haltung gegenüber der JUNGEN FREIHEIT.