© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 49/20 / 27. November 2020

Blick in die Medien
Werbung für Denunzianten
Tobias Dahlbrügge

Was „Fake News“ sind und was nicht, darüber entscheiden heute staatsnahe „Faktenchecker“. Vereine wie „Correctiv“ oder „Meine Zeitung“ – eine Initiative des Verbandes nordwestdeutscher Zeitungen – erklären sich zu Siegelbewahrern der Wahrheit. Der Kampagne „Jedes Wort wert“ von „Meine Zeitung“ haben sich rund hundert Regionalblätter angeschlossen, von der Allgäuer-Zeitung über die Nordsee-Zeitung bis zur Odenwäld-Zeitung. 

In der Selbstdarstellung auf jedeswortwert.de heißt es: „Meine Zeitung steht dafür, daß man Journalismus vertrauen kann. Hier arbeiten täglich viele tausend Menschen in den Redaktionen in ganz Deutschland daran, uns ausgewählte Informationen mit Qualität zu liefern ...“ Tja, bereits mit der Auswahl fängt das Problem an: Da kommt bei dem Versprechen, daß „meine Zeitung unabhängig und gewissenhaft alle Seiten beleuchtet und die ganze Geschichte erzählt“, eher gallige Heiterkeit auf.

Über einen anonymen Briefkasten sollen Leser angebliche „Fake News“ melden. 

Nun zünden die Redaktionen im Kampf gegen angebliche „Fake News“ eine neue Stufe: In diversen Blättchen und Gratis-Verbraucherzeitungen wie dem Münchner Wochenanzeiger tauchten Anzeigen von „Correctiv“ auf. Darin heißt es zur Corona-Panikmache in grotesker Verdrehung der Wahrnehmung: „Behauptungen, Gerüchte und Lügen schüren Ängste“. Die Leser werden aufgefordert: „Schicken Sie mögliche Falschmeldungen zum Coronavirus direkt an Ihre Wochenblattredaktion oder an correctiv.org.“ Auf der Seite gibt es einen „anonymen Briefkasten“, mit dem man nach Herzenslust melden und denunzieren kann. Die Kampagne wird unterstützt vom Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter (BDAB). Wie seriös die selbsternannten „Faktenchecker“ sind, zeigte sich erst vor wenigen Monaten, als „Correctiv“ wegen einer „mißverständlichen“ „Falsch“-Markierung zum Nachteil des Magazins Tichys Einblick vom Oberlandesgericht Karlsruhe (JF 24/20) verurteilt wurde.