© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 49/20 / 27. November 2020

Haltungsnote
„Nicht korrekt verhalten“
Gil Barkei

Der Teil-Lockdown soll erweitert und verlängert werden. Die Politiker verlangen ihren Bürgern viel ab. Und die allermeisten befolgen die Aufrufe nach Rücksicht auf ihre Mitmenschen. Doch gerade Gesundheitsminister Jens Spahn soll sich an die eigenen hehren Worte der „Nächstenliebe“ nicht gehalten haben. Mitte Oktober war der CDU-Politiker Gast eines italienischen Restaurants in Berlin. Wenige Tage darauf wird Spahn positiv auf Corona getestet. Er informiert das zuständige Gesundheitsamt über seine Kontaktpersonen und nennt auch das Restaurant. Eine direkte persönliche Information des Lokals bleibt allerdings aus, obwohl vielerorts die Behörden mit der Nachverfolgung heillos überfordert sind. Formal habe der Minister mit seiner Mail an das Gesundheitsamt seiner Pflicht genüge getan, heißt es seitens eines Sprechers gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Doch müßte eine Führungsfigur in einer derartigen Krise nicht mehr leisten, allein schon wegen der Vorbildfunktion? „Herr Spahn hat sich nicht korrekt verhalten“, kritisiert die 77jährige Caren Streletzki, die am besagten Abend am Nebentisch saß und erkrankt ist. „Von einem Gesundheitsminister kann man erwarten, daß er nach einer Infektion auch sein privates Umfeld informiert.“