© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/20 / 04. Dezember 2020

AfD-Parteitag
Die Schlacht von Kalkar
Christian Vollradt

Er hat auf volles Risiko gesetzt. Und gewonnen. Knapp, aber immerhin. Das ihm von manchen prognostizierte Schicksal eines Bernd Lucke 2015 oder einer Frauke Petry 2017 hat Jörg Meuthen am vergangenen Wochenende nicht erlitten. Den Parteitag der AfD in Kalkar verließ der Co-Vorsitzende nicht geprügelt und gesenkten Hauptes, im Gegenteil. Auch deshalb, weil er anders als seine gescheiterten Vorgänger nicht als Solo-, sondern als Mannschaftsspieler aufgetreten war. Es wäre indes falsch, den Kampf um Macht und Mehrheiten in der AfD mit einem reinen Richtungsstreit zwischen Rechts und Mitte zu mißdeuten. 

Vielmehr geht es um die Konkurrenz zwischen zwei grundverschiedenen Auffassungen von dem, was die Partei sein soll: Allianz aller Unzufriedenen, Alternative für die Unvertretenen? Oder das, was Meuthen und seiner Gefolgschaft vorschwebt, die „bürgerlich-konservative Rechtsstaatspartei“? Bisher profitierte die AfD durchaus davon, ein Mix aus beiden Modellen im Angebot zu haben. Und so ließe sich auch noch eine Zeitlang ein auskömmliches Stimmenpolster anlegen, Parlamentssitze inklusive. Im Osten eher als im Westen. Wovon sich die Partei dann allerdings verabschieden müßte, ist die Aussicht, jemals in die Nähe von Machtausübung zu gelangen. Meuthen hat die Wut, die seine Gardinenpredigt hervorrief, überstanden. Ob er nun auch die AfD davor bewahren kann, „grandios zu scheitern“, steht auf einem anderen Blatt.