© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 51/20 / 11. Dezember 2020

Kunstraub als politische Demonstration
Panafrikanische Identitäre

In einer spektakulären Aktion im Musée du Quai-Branly-Jacques Chirac haben drei Schwarzafrikaner mit französischem Paß im letzten Sommer für Aufsehen gesorgt. Das als Symbolort für Frankreichs lange Kolonialgeschichte geltende Museum vereint Sammlungen für afrikanische und ozeanische Kunst, darunter auch einen Begräbnispfahl des südsudanesischen Volkes der Bari, den die drei Aktivisten zu stehlen versuchten, um ihn „nach Hause“ zu bringen. Die vor kurzem zu Geldstrafen verurteilten Täter gehören der panafrikanischen Bewegung „Unité Dignité Courage“ (Einheit, Würde, Mut) an, deren Ziel es ist, „Raubgut“ der Kolonialmacht aus Museen zu stehlen, diese Aktionen als politische Demonstration zu filmen, damit im Netz Sympathisanten zu werben und so Druck auf Staatspräsident Emmanuel Macron auszuüben, sämtliche museal verwahrten Kunst- und Kultgegenstände umgehend und nicht erst wie angekündigt 2022 an die Herkunftsländer zurückzugeben. Die Panafrikaner, die sich als Einwanderer in die französische Gesellschaft ihrer Wurzeln beraubt fühlen und ihre Rückkehr planen, argumentieren dabei wie „Identitäre“: Ohne ihr kulturelles Erbe glichen Afrikaner „Zombies und  leeren Schalen“. „Jedes Volk verfügt über einen Sockel, den seine würdigsten Söhne gebaut haben.“ Für das Schwinden dieses kulturellen Unterbaus machen die Aktivisten auch ihre korrupten Eliten verantwortlich, die ihre Völker „im Stich lassen“. Eine so desolate gesellschaftliche Struktur führe zum Identitätsverlust schon in der Heimat und treibe Afrikas Jugend auf „gefährliche Auswanderungsrouten in einen erträumten Westen“ (Welt-Sichten, 11/2020).


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