© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 51/20 / 11. Dezember 2020

Früher waren Verschwörungstheorien populärer
Verunsicherte ältere Männer
(dg)

Die CIA steckte hinter dem Anschlag auf das World Trade Center, Neil Armstrong ist 1969 gar nicht auf dem Mond gelandet, und Corona ist nicht gefährlicher als Grippe. Solche „Verschwörungstheorien“ sind der Forschungsgegenstand des Tübinger Amerikanisten Michael Butter. Der 43jährige Professor, der in diesen Zeiten mit seiner Studie „Nichts ist, wie es scheint“ fast automatisch einen Bestseller landen konnte, leitet ein Netzwerk von 160 Wissenschaftlern, das die Forschung zu diesem aktuellen Thema aus den Blickwinkeln unterschiedlicher Disziplinen und von mehr als 40 europäischen Ländern verknüpfen soll. Man wisse zu wenig über die historische Entwicklung und Verbreitung von Verschwörungstheorien in Europa sowie über deren Stellenwert in nichtwestlichen Gesellschaften wie denen in Brasilien und den USA. Nur die historische Perspektive, ist sich Butter sicher, erlaube es, gegenwärtige Entwicklungen besser einzuschätzen. Schon jetzt zeige sich im Vergleich, daß Verschwörungstheorien „früher noch viel populärer und einflußreicher als heute“ gewesen seien. Die Corona-Pandemie in Verbindung mit den neuen sozialen Medien habe ihnen einen lediglich bescheidenen Aufschwung beschert. Während es heute jedoch „Verunsicherte“ seien, in erster Linie „Männer und Ältere“, die fest daran glaubten, hätten Verschwörungstheorien noch bis in die 1960er auch Eliten fasziniert und deren Weltbild geformt. So sei etwa Winston Churchill von der „jüdischen Weltverschwörung“ überzeugt gewesen, während für Thomas Mann feststand, daß Freimaurer und Illuminaten den Ersten Weltkrieg ausgelöst hatten (Deutsche Universitätszeitung, 11/2020). 


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