© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 51/20 / 11. Dezember 2020

Beeindruckende Menschen und Naturaufnahmen
Mehr als 3.000 Kilometer zu Fuß durch Deutschland: Enno Seifried hat einen etwas anderen Heimatfilm gedreht
Boris T. Kaiser

Selten waren ferne Länder weiter weg als in Zeiten von Corona. Aber nicht nur Auslandsreisen sind im Jahr 2020 weitgehend weggefallen. Schon ein einfacher Tagesausflug ins nächste Bundesland kann als Verstoß gelten. 

Ein Projekt, wie es der Filmemacher Enno Seifried im Jahr 2019 durchgezogen hat, wäre schon wenige Monate später nahezu unvorstellbar gewesen. Für seine Doku „Deutschland zu Fuß“ durchstreifte der Leipziger in 165 Tagen 3.442 Kilometer Landschaft auf den eigenen Beinen – von der Nordsee bis in die Alpen. Ein Trekking-Rucksack, ein Zelt und eine Kameraausrüstung, viel mehr hatte Seifried nicht dabei. Mehr brauchte es aber auch nicht, um das Land, seine Natur und seine Leute, unmittelbar zu erfahren. Herausgekommen ist ein moderner Heimatfilm, dessen beeindruckend schöne Bilder beim Zuschauer tiefste Sehnsüchte nach Freiheit und Weite wecken, diese aber zum Glück auch ein wenig stillen können.

In der Einsamkeit wird einem bewußt, wie wichtig Gemeinschaft sein kann. Fernab der damaligen Normalität und Hektik der Großstadt lernte der Filmproduzent und Theatermusiker so noch einmal ganz neu die Bedeutung eines guten Miteinanders kennen. Auch wenn er auf seiner Reise „nicht auf der Suche nach Begegnungen mit Menschen“ gewesen sei, wie er der JUNGEN FREIHEIT erzählt, seien es doch gerade diese gewesen, die ihm im nachhinein im Gedächtnis geblieben sind. Es war eine schöne Erfahrung zu sehen, „wie freundlich, interessiert und hilfsbereit die Menschen in diesem Land sein können“, erzählt uns Seifried. Selbst Menschen, die mit seiner Tour wenig anfangen konnten, ihm sogar die Frage stellten, warum er „völlig sinnlos durch dieses Land laufe“, hätten sich dennoch bemüht, ihm zu helfen, ihn mit Wasser versorgt und Reiseproviant angeboten. Diese Erfahrungen seien für ihn der beste Beweis dafür gewesen, „daß es nicht wichtig ist, ob man die gleichen Interessen oder Lebensansichten teilt, sondern wie man aufeinander zugeht“.

Von schlechten Erfahrungen könne er eigentlich gar nicht sprechen, sagt der Dokumentarfilmer. Allenfalls von einigen Härten: wenn es mal am Stück eine Woche durchregnete oder Gewitterstürme sein Zelt davonzutragen drohten. Er habe aber von Anfang an gewußt, worauf er sich einlasse und was ihn diesbezüglich erwarte. 

Womit er nicht rechnen konnte, war, unter welch widrigen Bedingen sein Film erscheinen würde. Die Premiere mußte coronabedingt ins Wasser fallen. Öffentliche Vorführungen sind bis auf unbestimmte Zeit nicht möglich. Nun erscheint die „Overlight Film“-Produktion am 14. Dezember auf DVD und am 20. als Stream. Die dazu benötigte Mindestsumme von 10.000 Euro war via Crowdfunding bereits nach 48 Stunden erreicht.

„Deutschland zu Fuß“, 110 Minuten, von Enno Seifried auf www.DeutschlandZuFuß.de