© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 51/20 / 11. Dezember 2020

Umwelt
Vom Wind verweht
Paul Leonhard

Seit Jahren wetteifert Dänemark mit Deutschland um die höchsten Strompreise der Welt. Nun kommt ein weiterer Paukenschlag: Das Königreich will seine Nordsee-Ölförderung bis 2050 einstellen. So hat es das Parlament beschlossen. Diese Entscheidung stehe „vollkommen im Einklang mit unserem Beschluß, bis 2050 komplett klimaneutral zu sein“, erklärte der sozialdemokratische Klima- und Energieminister Dan Jørgensen. Das 5,8-Millionen-Einwohner-Land gilt schon jetzt als Windkraft-Weltmeister. Hier ist auch der weltgrößte Windturbinenhersteller Vestas zu Hause. Neue Energieinseln in der Nordsee, an die mehrere Offshore-Windparks angeschlossen werden, könnten künftig 7,7 Millionen Menschen mit Ökostrom versorgen – sprich: auch zusätzlich Einwohner in Norddeutschland.

Wir Dänen zeigen dem Rest der Welt, daß es möglich ist, ohne Kohle, Gas und Öl zu leben.

Doch die dänische Energiewende hat auch eine ökonomische Dimension. Die Förderung von Öl und Gas aus den Nordseefeldern ist aufwendig und die dänischen Claims, aus denen der Staat seit 1972 etwa 55 Milliarden Euro eingenommen hat, sind kaum noch ergiebig. Die Profitabilität neuer Felder wird angezweifelt. Schon längst geht die Schere zwischen Kosten und Gewinn immer weiter auseinander. Ohne durchschlagende neue Fördertechnologien war der jetzt angekündigte Schritt ohnehin unvermeidlich. Maria Reumert Gjerding, Präsidentin des dänischen Naturschutzverbandes, verkauft dies allerdings als „großen Sieg“ für die Klimabewegung. Dänemark als „grünes Pionierland“ zeige dem „Rest der Welt, daß es möglich ist, die Nutzung von Kohle, Gas und Öl einzustellen“, jubelte die frühere Abgeordnete der rot-grünen Einheitsliste. Doch der 42jährigen reicht das nicht: Ziel müsse sein, auf ein noch früheres Öl-Ende zu drängen. Die bestehenden Lizenzen liefen schon 2046 aus. Nur wie will man ohne Erdöl Flügel für Windräder herstellen?