© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 52/20 / 18. Dezember 2020

„Ob es funktioniert, wissen wir nicht“
In wenigen Tagen sollen auch bei uns die Impfungen gegen Covid-19 beginnen. Ob das gutgehe, sei ungewiß, warnt der Toxikologe Stefan Hockertz, die Notzulassung der Anti-Corona-Vakzine berge die Gefahr einer Impfkatastrophe
Moritz Schwarz

Herr Professor Hockertz, was halten Sie von der neunzigjährigen Britin, die sich vergangene Woche im Blitzlichtgewitter der Medien als erste Westeuropäerin gegen Covid-19 hat impfen lassen?

Stefan Hockertz: Jede Impfung beruht auf einer Risikoabwägung: Ist die Gefahr, durch sie schwere Schäden zu erleiden geringer als durch die Krankheit, vor der sie schützt? Falls die Dame das kalkuliert und sich deshalb so entschieden hat, respektiere ich ihren Schritt.

Und wenn nicht? 

Hockertz: Das ist Spekulation und dazu äußere ich mich nicht.

Bei uns soll das Biontech/Pfizer-Vakzin zwischen dem 23. und 29. Dezember freigegeben werden. Lassen Sie sich impfen?

Hockertz: Mit diesen Impfstoffen auf keinen Fall – gleich ob der von Biontech/Pfizer, Moderna oder AstraZeneca.

Warum nicht? Schließlich werden alle drei eine ordentliche Zulassung erhalten.

Hockertz: Ich möchte vorweg klarstellen, daß ich kein Impfgegner bin. Ganz im Gegenteil sogar – allein 2019 habe ich mich, wegen einer Reise, über ein dutzendmal impfen lassen. Warum ich mir dennoch keinen Anti-Corona-Impfstoff injizieren lasse, hat mit der eben beschriebenen Risikoabwägung zu tun: Auch in meinem Alter verläuft eine Sars-CoV-2-Infektion zu 90 bis 95 Prozent milde. Die Gefahren durch die mangelhaft erprobten Vakzine sind dagegen viel größer. 

Die Mehrheit der Deutschen sieht das anders: Laut einer Umfrage aus dem November sind 67 Prozent zur Impfung bereit.  

Hockertz: Im Gegensatz zum Fall der Britin wage ich hier eine Erklärung: Denn ich erlebe täglich, daß die meisten Leute, die mich ansprechen, nicht richtig aufgeklärt sind. Was ich ihnen aber nicht vorwerfe, sie werden ja auch nicht richtig informiert. 

Inwiefern? 

Hockertz: Nehmen Sie etwa Lothar Wieler, Präsident des Robert-Koch-Instituts, das ja immerhin „die“ Bundeseinrichtung für Infektionskunde ist, der im Sender Phönix sagte: „Wir wissen nicht genau, wie die (Impfstoffe) wirken, wie gut sie wirken, was sie bewirken – aber ich bin optimistisch, daß es (sie) gibt.“ Auch viele andere ernstzunehmende Kollegen haben sich entsprechend in der Öffentlichkeit so geäußert.

Sie haben die geplante Impfkampagne ein „Humanexperiment“ genannt. Warum, wenn nicht nur Hersteller und Politik, sondern auch viele Experten sagen, die Anti-Corona-Impfung werde sicher sein?

Hockertz: Man muß wissen, daß es zwei Arten von Antikörpern im Immunsystem gibt: neutralisierende und bindende Antikörper. Die neutralisierenden markieren Körperzellen, die von einem Virus infiziert worden sind, damit sie vom Immunsystem erkannt und abgetötet werden. Die bindenden Antikörper markieren infizierte Zellen dagegen nicht erkennbar, denn ihre Funktion ist eine andere. Da Corona-Viren aber beide Arten Antikörper bei uns aktivieren können, besteht die Gefahr, daß der Impfstoff in hoher Zahl – oder vielleicht sogar nur – bindende Antikörper aktiviert. Dann würden wir zwar Antikörper beobachten und das als erfolgreiche Wirkung deuten, doch tatsächlich ist ein so Geimpfter, der sich mit Sars-CoV-2 infiziert, nicht nur ungeschützt, sondern seine Erkrankung verläuft dann sogar noch schwerer als ohne Impfung! Bekannt ist dieses Phänomen übrigens als „Antibody dependent enhancement“ beim Sars-CoV, also der ursprünglichen Sars-Krankheit.

Diese Gefahr ist Politik, Herstellern und Experten auch bekannt. Wäre sie aber relevant, würden sie den Impfstoff doch wohl kaum für sicher erklären.

Hockertz: Die Politik tendiert bereits seit Jahren dazu, nur noch solche Experten zu hören, die ihre Ansichten bestätigen. Und diese Experten sind schon seit langem nicht mehr zu dem bereit, was Wissenschaft auch ausmacht, nämlich ergebnisoffene Diskurse zu führen. 

Wie erklären Sie sich diese Situation?

Hockertz: Ich sage immer: Corona macht die Dinge nicht neu – es deckt sie nur auf. Wir beobachten schon seit langem keinen echten Diskurs mehr. Das Wort der Kanzlerin „alternativlos“ ist ein treffendes Beispiel dafür.

Mit „Corona deckt sie nur auf“, meinen Sie Mißstände?

Hockertz: Natürlich. Und zwar nicht nur die in Politik, Expertenwesen und Medien, sondern ebenso etwa bei der staatlichen Krisen- und Katastrophenvorsorge oder ganz besonders bezüglich der Mißstände in unserem Gesundheitssystem. Dessen Zustand vor allem auch Folge der von der Politik – also von Herrn Spahn – gewollten Kommerzialisierung ist!

Sie nennen die Lage der Impfstoffsicherheit bezüglich Corona bedenklich. Andere Experten, die nicht weniger qualifiziert sind als Sie, schildern sie als sicher. Wem soll der Laie glauben?

Hockertz: Was sich für den Laien plausibel anhört, ist in Wahrheit nur eine unbewiesene Arbeitshypothese – und zwar folgende: Das Corona-Virus hat bekanntlich kleine „Stacheln“, auf englisch „Spikes“, die ihm sein typisches Aussehen verleihen, und mit denen das Virus an unsere Körperzellen andockt, um sie zu infizieren. Der Impfstoff enthält nun ein Stück sogenannte Boten-RNA, kurz „mRNA“ – „m“ wie „messenger“, englisch für „Bote“. Diese mRNA ist eine Art Konstruktionsplan für die Herstellung des Proteins, aus dem die Spikes bestehen. Die mRNA im Impfstoff dringt nun in unsere Körperzellen ein und veranlaßt diese, das Spike-Protein zu produzieren. Konfrontiert mit diesem soll unser Immunsystem lernen, die Stacheln abzuwehren – so daß das Virus später nicht mehr an unsere Zellen ankoppeln kann. Das Ganze klingt toll – ist aber, wie gesagt, nur eine unbewiesene Arbeitshypothese. Ob es tatsächlich auch so funktioniert, wissen wir nicht.

Wieso nicht, daran wird doch schon lange geforscht?

Hockertz: Richtig, die Hypothese gibt es schon seit etwa zwanzig Jahren. Dennoch sind wichtige Details noch unklar. Zum Beispiel wie der in der mRNA enthaltene Bauplan des Proteins in unseren Körperzellen genau abgelesen und prozessiert wird. Oder wie das produzierte Spike-Protein, das vom Zellinneren nach außen wandern muß, an der Außenseite unserer Zellen dem Immunsystem gegenüber dargestellt wird.

Sie meinen, ob dies in einer Weise passiert, die ermöglicht, daß unser Immunsystem daran auch erfolgreich „üben“ kann? 

Hockertz: Genau, das wissen wir nicht. Was übrigens mit ein Grund dafür ist, daß bis heute noch kein einziger mRNA-Impfstoff zugelassen wurde.

Kann das nicht einfach mit einem Elektronenmikroskop beobachtet werden?

Hockertz: Damit kann man Viren und Zellen sehen, aber nicht die Anordnung der Moleküle des Proteins auf der Zelle.  

Also, was tun?

Hockertz: Es braucht viele, viele, langwierige Versuche, inklusive – auch wenn mir das keine Freunde macht – Tierversuchen, um in mehreren Jahren herauszufinden, was da tatsächlich passiert.

Durch umfassende Zusammenarbeit, Nacht- und Wochenendschichten und „durch Glück“, so die offizielle Argumentation, konnte das alles abgekürzt werden. 

Hockertz: Glück gibt es in der Wissenschaft nicht, nur gewissenhafte Arbeit und ausdauernden Fleiß, aus denen dann signifikante Daten entstehen. Wissenschaft, besonders die Toxikologie, sind kein Glücksspiel.

Sie sagen also eine Impfkatastrophe voraus?

Hockertz: Leider ja. Ich rechne mit bis zu fünf Prozent Impfgeschädigten bei einem nicht ausreichend erprobten Impfstoff – gegenüber bis zu einem Prozent bei gut erforschten. Würde ganz Deutschland zwangsgeimpft werden, was ja auch diskutiert wird, entsprechen fünf Prozent vier Millionen Impfgeschädigten. Damit wäre die Impfung deutlich gefährlicher als das Virus!   

Allerdings wissen Sie nicht, ob es so kommt. Könnte nicht ebenso alles gutgehen? 

Hockertz: Es gibt viele Hinweise in den bisherigen unvollständigen klinischen Studien für meine These. Die nicht zulässige Verkürzung der Präklinik – also der frühen Erprobungsphase, in der der Impfstoff noch nicht an Menschen, sondern an In-vitro-Zellkulturen und Tieren getestet wird – zeigte schon bei der Schweinegrippe-Impfung 2009 fatale Folgen des „Humanexperiments“! Eine Schätzung aus den USA spricht von 0,1 Prozent Todesfällen durch eine solche Impfung: das wären bei achtzig Millionen Deutschen 80.000 Tote – etwa die komplette Stadt Bamberg. Während bei erprobten Vakzinen die Todesrate nur im Promille-Bereich liegt.

Sie fordern statt der Impfung eine Aufhebung der großen Schließung. Warum? 

Hockertz: Zunächst verlange ich von der Regierung wissensbasiertes, vernünftiges und maßvolles Regieren – im Gegensatz zum derzeit praktizierten rechthaberischen, autoritären und maßlosen Reagieren. Eine evidenzbasierte Betrachtung der Ereignisse ist der deutschen Bundesregierung und den Ministerpräsidenten völlig abhanden gekommen. 

„Evidenzbasiert“?

Hockertz: Das bedeutet: erfolgend auf Basis empirisch zusammengetragener und bewerteter wissenschaftlicher Erkenntnisse. 

Aber was ist nun am Lockdown falsch? 

Hockertz: Autoritäre Maßnahmen wie der Lockdown erhöhen die Krankheitsanfälligkeit von Menschen, wie Studien belegen. Das klassische Mittel zur Seuchenbekämpfung ist dagegen die Quarantäne nach dem Begriff von Robert Koch. Viele Leute halten den Lockdown für eine Form davon. Völlig falsch! Dieser ist vielmehr das genaue Gegenteil. Beispiel: Haben Sie einen Computervirus, isoliert das Anti-Virus-Programm alle infizierten Dateien – nicht, wie der Lockdown, die „gesunden“. Denn dann könnten Sie Ihren Rechner gleich wegschmeißen. Quarantäne ist eben nach Robert Koch die Isolierung der Kranken – nicht der Gesunden! 

Was ist in der Folge der Unterschied? 

Hockertz: Der Lockdown führt dazu, daß die Gesunden sich weniger bewegen, oft mehr und schlechter essen, zusätzliche Sorgen und Ängste haben, allgemein ungesünder leben, nicht zum Arzt gehen etc. – alles Faktoren, die die Immunabwehr erheblich schwächen! Und die Regierung fordert auch noch zu genau diesem verhängnisvollen Verhalten auf: Tun Sie nichts! Bleiben Sie zu Hause! Anstatt zum Beispiel ein massives Programm zur Förderung der Immunabwehr zu starten: Bewegen Sie sich! Gehen Sie raus! Treiben Sie Sport! Nehmen Sie Wechselbäder! Leben Sie psychisch und sozial ausgeglichen! Erholen Sie sich! Ernähren Sie sich gesund! Und ja, halten Sie die Grundregeln der Hygiene ein, Händewaschen, eigenverantwortliche Isolation bei Symptomen einer Erkrankung. Und statt Milliarden in den Lockdown zu investieren, könnte sie mit einem Bruchteil des Geldes Vitamincocktails verteilen, Kalzium, Zink und andere Präparate – alle Bürger etwa mit Mitteln wie Echinacea versorgen. Eben alles, was die Immunabwehr stärkt! Und natürlich effektiv die Risikogruppen schützen. Aber was sehen wir statt dessen in der Werbefilm-Kampagne der Bundesregierung für den Lockdown „#besonderehelden“: Den ganzen Tag faul vor dem Fernseher lungernde Menschen, die Pizza aus dem Karton vertilgen. Das aber ist genau das Verhalten, das uns zur leichten Beute für jedes Virus macht! Ich setze dagegen ein „#denkeSelbst“ und hoffe, daß wir damit die politische Krise genannt „Corona“ bewältigen können.     






Prof. Dr. Stefan Hockertz, der Biologe, Toxikologe und Pharmakologe ist Geschäftsführer der von ihm 1994 gegründeten Firma tpi consult GmbH bei Freiburg im Breisgau, die toxikologische und pharmakologische Technologieberatung anbietet. Zuvor war Stefan Hockertz Mitarbeiter der Fraunhofer-Gesellschaft in Hannover und Mitglied des Direktoriums des Fraunhofer-Instituts für Toxikologie und Umweltmedizin in Hamburg. Ab 2000 lehrte er als Privatdozent, von 2002 an als Professor für Molekulare Immuntoxikologie an der Universität Hamburg. 2003 bis 2004 leitete er als Direktor das Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie des Universitätskrankenhauses Eppendorf. Seitdem ist er, geboren1960 in Hannover, selbständig.

Foto: Sars-CoV-2-Impfstoff: „Ich rechne mit bis zu fünf Prozent Impfgeschädigten bei einem nicht ausreichend erprobten Vakzin – gegenüber bis zu einem Prozent bei einem gut erforschten. Würde ganz Deutschland zwangsgeimpft werden, was ja auch diskutiert wird, entsprechen fünf Prozent vier Millionen Impfgeschädigten: Die Impfung wäre gefährlicher als das Virus“   

 

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