© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 53/20 / 01/21 25. Dezember 2020

Lesereinspruch

Antonie Brentano

Zum Schwerpunktthema: „Vom Mythos des Heroischen umgeben“ von Markus Brandstetter (JF 51/20)

Dieser informativen, meinungsstarken Würdigung zu Beethovens 250. Geburtstag ist nicht in jedem Falle zu folgen. So kann man an Josephine von Stackelberg (verw. Gräfin von Deym, geb. von Brunsvik) als Beethovens „unsterbliche Geliebte“ glauben, wie es eindringlich Brandstetter tut. Aber die Beweislage ist uneindeutig, denn der Brief ist nicht adressiert, und es kommen auch andere Frauen in Frage. Vor allen anderen ist dies Antonie Brentano, mit der Beethoven ebenfalls über viele Jahre und zeitweise in intensivem Kontakt stand. Für Antonie spricht zudem, daß sie sich an den betreffenden ersten Julitagen von 1812 in Prag aufgehalten hat und beide über gemeinsame Bekannte von ihrer gleichzeitigen Anwesenheit in der Stadt gewußt haben dürften. Josephine hingegen ist zu der Zeit trotz der damaligen strengen Aufenthaltsregistrierungen (1812!) in oder um Prag nicht nachweisbar. Ebensowenig gesichert ist ein gemeinsames Kind Beethovens mit Josephine. Brandstetter folgt anscheinend der Darstellung Marie-Elisabeth Tellenbachs, deren eindeutige Favoritin hier Josephine ist.

Robert Heiner, Oberasphe