© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 53/20 / 01/21 25. Dezember 2020

CD-Kritik: Sabine Devieilhe – Chanson d‘Amour
Komplizenschaft
Jens Knorr

Ein hochrangiges Album französischer Kunstlieder haben Sopranistin Sabine Devieilhe und Pianist Alexandre Tharaud vorgelegt. Die Liebe in den Zeiten des Deutsch-Französischen, des Ersten und Zweiten Weltkriegs, die Liebe zu dem Partner und zu den Dingen und auch die Liebe zu dem Land und seiner Kultur hat die charakteristischen Mélodies von Fauré, Poulenc, Ravel und Debussy hervorgebracht und hält sie beisammen. Alle ihre Tönungen zum Klingen zu bringen, bedarf es zweier idealer Partner, zweier „Komplizen, die sich einander endlos im Spiel ergänzen“, wie Devieilhe schreibt. In Tharaud hat Devieilhe den ihren gefunden.

Devieilhe verfügt über eine hohe Sopranstimme französischer Schule, zart und betörend rein, dabei niemals leer zwitschernd, sondern immer klug differenzierend, agil und artifiziell lässig. Sie verfügt über die Phantasie des Tones und des Wortes, spricht, wenn sie singt, und singt, wenn sie spricht. Das Klavier gibt unter Tharauds Fingern auch schon einmal herrischen Widerpart.

Ein Artikel im Beiheft des englischen Musikwissenschaftlers Roger Nichols hellt private und gesellschaftliche Unter- und Hintergründe der hier versammelten Mélodies auf, die Devieilhe und Tharaud ganz selbstverständlich mitschwingen lassen. Auch das gehört in die große Tradition der französischen Gesangsschule!

Sabine Devieilhe Chanson d’Amour Erato 2020  www.sabinedevieilhe.com  www.alexandretharaud.com