© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 53/20 / 01/21 25. Dezember 2020

Bargeld ist kein Auslaufmodell
Über Bezahlsysteme und Kryptowährungen
Hermann Rössler

Kryptowährungen wie Bitcoin oder Facebooks Libra, Bezahlmethoden wie Google Pay oder Apple Pay stellen herkömmliche Bezahlsysteme in Frage. Digital, einfach zu bedienen, zeitsparend, Papier sparend, international einsetzbar und scheinbar unabhängig. Staatswährungen wie der Euro oder der Dollar kommen zunehmend in die Bredouille. Der Nullzinskurs, der Sparer gegen die Wand fahren läßt, tut sein Übriges. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie sorgte dafür, daß Bargeld ein schlechter Ruf wegen eventueller Viren anhaftet. Bares Geld sei ein Komplize der Kriminellen, lautet ein Vorwurf und impliziert die Idee, ohne das Geld zum Anfassen verschwänden auch krumme Geschäfte. „Das ist wirklich eine Illusion, wenn illegale Geschäfte in Kryptowährungen abgewickelt werden können“, urteilt Alexander Hagelüken. 

Der leitende Wirtschaftspolitik-Redakteur der Süddeutschen Zeitung sieht einen neuen Umbruch in der Geschichte des Geldes, die er in den ersten Kapiteln seines Buches anreißt. Geld sei eine „soziale Übereinkunft“ und mit einer sich entwickelnden Gesellschaft und Technik ändere sich notwendigerweise auch das Finanzsystem. Dabei gibt er sich nicht als apokalyptischen Prediger, warnt jedoch vor Unsicherheiten, die vor allem in der Datenmacht der Tech-Firmen lägen. Wahlweise auch in der Hand des Staates. 

China dient als Beispiel: In der Volksrepublik können Rechnungen per Gesichtserkennung beglichen werden. Westliche Demokratien, die Freiheitsrechte garantierten, seien jedoch der Schutz vor einer „digitalen Diktatur“. Ob der Bürger lieber mit Münzen und Scheinen hantiere, solle ihm deshalb überlassen bleiben. Ein wirksames Mittel gegen Bargeld-Mißbrauch sei, „die Zahlung mit großen Summen einzuschränken“. Zentralbanken empfiehlt Hagelüken, eigene virtuelle Zahlmethoden zu schaffen, um privaten Anbietern zuvorzukommen. Diese seien vertrauenswürdiger als Amazon. 

Sparer ermutigt Hagelüken, in Aktien und Immobilienfonds zu investieren. „Diversifikation“, so das Stichwort. Das Fazit: Wer Geld nicht eindimensional investiert, gewinnt. Hagelüken erklärt das an Alltagsbeispielen und stützt diese durch Bewertungen von Finanz- und Wirtschaftsexperten.

Alexander Hagelüken: Das Ende des Geldes, wie wir es kennen. Der Angriff auf Zinsen, Bargeld und Staatswährungen. Verlag C. H. Beck, München 2020, gebunden, 222 Seiten, 16 Euro