© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 03/21 / 15. Januar 2021

Was Skelette über eurasische Reiternomaden verraten
Kultur der Grausamkeit
(ob)

Die Erforschung menschlicher Vergangenheit mit der „Quelle“ DNS, ist die jüngste, in den USA bereits fest etablierte, in Europa noch skeptisch beäugte geschichtswissenschaftliche Spezialdisziplin („Genetic History“). Gleichwohl hat der Europäische Forschungsrat Ende 2019 zehn Millionen Euro ausgeschüttet, um Patrick J. Gearys (Princeton) Projekt HistoGenes zu fördern. Der US-Mediävist will Gräber der Völkerwanderungszeit auf dem Balkan untersuchen und dabei neben den traditionellen archäologischen Methoden auch auf umfassende genetische Analysen zurückgreifen. Damit ginge Geary einen Schritt über bisher übliche anthropologische Untersuchungen vor- und frühgeschichtlicher Knochen- und Schädelfunde hinaus, wie sie jüngst Gino Caspari veröffentlichte (Spektrum der Wissenschaft, 12/2020). Der Berner Anthropologe konnte anhand von Skeletten eines südsibirischen Gräberfeldes aus dem 4. Jahrhundert n. Chr. rekonstruieren, wie viele der 87 dort beerdigten eines gewaltsamen Todes starben. Viele der Opfer seien geköpft worden, auch Frauen und Kinder starben einen gewaltsamen Tod. Gearys Genanalysen hätten Aufschlüsse über deren ethnische Identität vermittelt. Caspari mußte sich aber noch auf die Vermutung beschränken, Relikte von Nomadenvölkern Eurasiens ausgegraben zu haben, bei denen „Kriegführung wichtiger Bestandteil ihrer Kultur“ war.   


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