© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 04/21 / 22. Januar 2021

DVD: Der Fluß und der Tod
Dörfliche Blutrache
Werner Olles

Der spanische Avantgardist Luis Buñuel verhalf dem mexikanischen Film mit „Die Vergessenen“ („Los Olvidados“, 1950) zu internationalem Ruhm. Buñuel hatte in Madrid einige Jahre Neurologie und Psychoanalyse studiert. Seine wissenschaftlichen Interessen setzte er unter dem Einfluß des surrealistischen Malers Salvador Dalí in avantgardistischen Filmen um.

In den Jahren 1954/55 schuf er mit „Der Fluß und der Tod“(„El rio y la muerte“, Mexiko), basierend auf einem Roman von Miguel Álvarez, einen vergleichsweise konventionellen Film über eine sich über mehrere Generationen hinziehende landesspezifische Blutrache. Dabei gab sich Buñuel große Mühe zu vermitteln, daß die im Film geschilderten Ereignisse in Wahrheit noch verabscheuungswürdiger waren. In einem kleinen mexikanischen Dorf leben die seit Generationen verfeindeten Familien Anguiano und Menchaca. Sie haben ein Abkommen, daß ein Mitglied der anderen Familie, das einen Angehörigen der eigenen Sippe tötet, nicht der Blutrache verfällt, wenn es ihm gelingt den Fluß zu überqueren, und er wieder in sein Dorf zurückkehrt. Aus beiden Familien sind schließlich nur noch zwei junge Männer übrig, und das ganze Dorf wartet auf eine Entscheidung zwischen dem an Kinderlähmung erkrankten Felipe Anguiano (Miguel Torruco), der als Arzt arbeitet, und Rómulo Menchaca (Jaime Fernández), der das Dorf nie verlassen hat.

Buñuels mexikanische Vendetta-Chronik fasziniert als filmisch verdichtete Reflexion über die Tragik der menschlichen Existenz, die weit über bloße ethnographisch-kulturell bedingte Beobachtungen hinausgeht. Buñuels kritischer Blick auf das Lebensgefühl und die überkommenen Traditionen von Menschen, die sich in ausweglosen Situationen eindringlichen Fragen stellen müssen, die letztlich unbeantwortet bleiben, ist von beeindruckendem Pessimismus geprägt, der für den Zuschauer nicht leicht zu ertragen ist.

DVD: Der Fluß und der Tod. Pidax Film-Klassiker 2020, Laufzeit etwa 87 Minuten