© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 05/21 / 29. Januar 2021

Hörst du der Bauern Zorn?
Proteste: Gegen zu hohe Auflagen und zu niedrige Preise
Christian Vollradt

Sie rollen wieder. Zahlreiche Bauern sind dieser Tage mit ihren Traktoren unterwegs, um erneut auf ihre schwierige wirtschaftliche Situation aufmerksam zu machen. Am Dienstag bildeten sie mit etwa 150 Schleppern eine Mahnwache auf dem Alexanderplatz mitten in Berlin, außerdem fand eine Kundgebung vor dem Bundeslandwirtschaftsministerium statt. Der Zorn der Protestierer richtet sich gegen Dumpingpreise des Lebensmitteleinzelhandels auf der einen und zugleich immer höhere Auflagen durch die Politik auf der anderen Seite. 

Seit Jahrzehnten stagnierten oder fielen sogar die Erzeugerpreise, während die Produktionskosten jährlich geradezu explodierten; verschärft „durch immer neue und höhere staatliche Auflagen“ sei „ein Ungleichgewicht entstanden, das die landwirtschaftlichen Betriebe in dieser Form nicht mehr stemmen können“. Sie wollen nun „endlich Taten für die Betriebe und keine weiteren unverbindlichen Zusagen“, fordern die wütenden Bauern in einem aktuellen Papier. Aufgerufen zur Kundgebung haben in erster Linie einzelne Landwirte, mit dabei sind aber auch Vertreter der Basisbewegung „Land schafft Verbindung“ (LsV).

Nicht nur in Berlin, auch beispielsweise in der niedersächsischen Hauptstadt Hannover protestieren Bauern zur Zeit. Seit Sonntag bis voraussichtlich nächste Woche Freitag halten Mitglieder und Unterstützer von LsV eine Mahnwache vor den Landesministerien für Umwelt und Landwirtschaft. Der Ärger der Landwirte im stark agrarisch geprägten Bundesland richtet sich hier vor allem gegen die Düngeverordnung. Ihre Kritik: Aufgrund zu unpräziser Messungen würde pauschal und einseitig die Landwirtschaft für eine zu hohe Nitratbelastung des Grundwassers in den sogenannten „roten Gebieten“ verantwortlich gemacht. Die Folge sei, daß auch dort, wo die Werte niedriger seien, Bauern trotzdem weniger düngen dürfen und so der Boden zu wenig Nährstoff erhalte.

Bereits Ende vergangenen Jahres hatten an mehreren Standorten Bauern zeitweilig die Warenlager großer Einzelhandelsketten mit ihren Traktoren blockiert, um gegen deren Preispolitik, sei es bei Fleisch oder Milch und Milchprodukten zu protestieren. Die Landwirte sehen sich als Opfer eines rigorosen Kostendrucks, den die mächtigen Handelsketten mit ihrem Marktanteil von 85 Prozent nach unten weitergäben zu den Bauern, die als einzelne kleine Betriebe und Mittelständler das schwächste Glied sind. Auflagen bei Pflanzenschutz, Dünger und Tierwohl machen die Produkte teurer. Zugleich müsse man im Supermarkt mit billigeren Produkten konkurrieren, für deren Erzeugung nicht so hohe Auflagen gelten.