© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 05/21 / 29. Januar 2021

Ländersache: Bayern
Fränkischer Filz oder „Parteimanöver“?
Paul Leonhard

Ein Brutto-Mietpreis von 42 Euro pro Quadratmeter kann sich auch für Nürnberger Verhältnisse sehen lassen. Noch dazu, wenn der Mietvertrag über ein Vierteljahrhundert läuft, der Mieter das Deutsche Museum München ist und der „Vater der Idee“, eine Dependance in der Frankenstadt zu errichten, Markus Söder höchstpersönlich ist. 

Als Finanz- und Heimatminister war der inzwischen zum Ministerpräsidenten Bayerns aufgestiegene und als möglicher Kanzlerkandidat gehandelte CSU-Politiker von der Aussicht begeistert, in exponierter Innenstadtlage seiner Heimatstadt ein „Zukunftsmuseum“ zu errichten. Flugs gab es eine Anschubfinanzierung von 27,6 Millionen Euro aus dem Staatshaushalt. Außerdem verpflichtete sich der Freistaat 2017, dem Münchener Museum die künftigen Mietkosten in Nürnberg zu erstatten.

Noch ist das auf dem Areal des Augustinerhofs errichtete Museum mit seinen 2.900 Quadratmetern Ausstellungsfläche nicht eröffnet, da wird bereits ein Untersuchungsausschuß gefordert. Die Miete sei mit insgesamt 70 Millionen Euro viel zu hoch, findet der FDP-Landtagsabgeordnete Sebastian Körber. Für einen vergleichbaren Standort halte er 15 bis 20 Euro pro Quadratmeter für angemessen, sagte Körber der Bild.

Für die Landtagsopposition stinkt das Geschehen in Nürnberg zum Himmel. „Die Konstellation aus erklärungsbedürftig hoher Miete, außerordentlich langfristigem Mietvertrag und zusätzlicher Finanzspritze in Millionenhöhe ist bayernweit beispiellos“, sagte Körber, der Vorsitzender des Bauausschusses im Bayerischen Landtag ist, der Süddeutschen Zeitung. Die Grünen sehen den Landesrechnungshof in der Pflicht.

„Für das Geld hätte der Freistaat das Museum selber bauen können“, findet die Nürnberger Grünen-Abgeordnete Verena Osgyan, die bereits 2017 mit Blick auf die Vertragsunterzeichnung von einem „einzigen finanzpolitischen Saustall“ gesprochen hatte. Bauunternehmer Gerd Schmelzer findet den Mietpreis „absolut in Ordnung und nachvollziehbar“. Ähnlicher Meinung ist die Leitung des Deutschen Museums München: Man habe den Mietvertrag für die neue Zweigstelle in Nürnberg extern prüfen lassen. Danach sei die Miete durchaus angemessen. 

Anderer Meinung ist man bei der Immobiliengesellschaft des Freistaates. Diese habe bereits im Entwurf des Mietvertrages „eine Tendenz der vertraglichen Regelungen zugunsten des Vermieters“ erkannt, berichtete der Norddeutsche Rundfunk. Allerdings habe man wegen des Fehlens adäquater Vergleichsmieträume das Angebot dennoch als „schlüssig“ angesehen, zitiert der Sender aus einer schriftlichen Stellungnahme.

Das Zukunftsmuseum, das im Frühjahr eröffnet werden soll, soll „nicht bewerten, sondern eine Plattform für Diskussionen bieten oder zumindest Denkanstöße für zu Hause“, kündigt derweil Museumsleiterin Marion Grether an. Der Filz in der alten Reichsstadt könnte ein solches Thema sein. Inzwischen ist bekanntgeworden, daß Schmelzer einige Monate nach Vertragsunterzeichnung der CSU mehr als 45.000 Euro spendete. Davon habe „Herr Dr. Söder“ aber keine Kenntnis gehabt, sondern erst durch Journalisten davon erfahren, versicherte die CSU-Landesleitung. Alles sei gesetzeskonform verlaufen und die Vorwürfe der FDP ein „durchsichtiges Parteimanöver“.