© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 05/21 / 29. Januar 2021

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Kritik an Vorstoß zur Sterbehilfe

FRANKFURT/MAIN. Der frühere EKD-Ratsvorsitzende, Bischof i. R. Wolfgang Huber, und der ehemalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, der evangelische Theologieprofessor Peter Dabrock, haben sich dagegen ausgesprochen, in kirchlich-diakonischen Einrichtungen einen professionellen assistierten Suizid zu ermöglichen. Sie äußerten sich in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (Ausgabe 25. Januar). Hintergrund ist ein Vorstoß führender evangelischer Theologen, die Beihilfe zur Selbsttötung in kirchlichen Einrichtungen zuzulassen. Dafür hatten sich der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie (Berlin), sowie die Theologieprofessoren Reiner Anselm (München) und Isolde Karle (Bochum) am 11. Januar in der FAZ ausgesprochen (JF 3/21). Dazu schreiben Huber und Dabrock, der Suizid dürfe nicht „die Normalform des Sterbens“ werden. Das Bundesverfassungsgericht habe zwar erklärt, daß das Selbstbestimmungsrecht des Menschen auch ein Recht auf Selbsttötung umfasse, aber dieses Recht werde durch soziale Bindungen eingeschränkt. Das Gericht hatte im Februar 2020 das 2015 eingeführte Verbot der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe gekippt und zur Begründung erklärt, es gebe ein umfassendes Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Damit sei die Freiheit eingeschlossen, die Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen. Huber und Dabrock erklärten jetzt, kirchlich-diakonische Einrichtungen hätten die Aufgabe, Sterbewillige „soweit das in der gegebenen Situation möglich und angemessen ist, vor dem Schritt in die Selbsttötung zu bewahren – mitmenschlich, durch gute Pflege, seelsorglich und medizinisch“. Für die Kirchen müßten der Ausbau von Angeboten zur Suizid-Prävention und zur palliativen Sterbebegleitung Vorrang haben. Kritik übten Huber und Dabrock auch am Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, Ralf Meister. Er hatte den Vorstoß von Lilie, Anselm und Karle unterstützt. Meister habe selbst Anfang des Jahres erklärt, ohne eine starke Ökumene werde die Stimme des Christentums in gesellschaftlichen Fragen deutlich schwächer werden, so Huber und Dabrock.„Nun hat er mit der Beteiligung an einem in ökumenischer Hinsicht bemerkenswert unsensiblen Vorstoß zur Suizidassistenz seinem eigenen Ratschlag den Rücken gekehrt.“ Meister hatte im August 2020 in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung erklärt, der Mensch habe nicht nur aus juristischer, sondern auch aus theologischer Perspektive ein Recht auf Selbsttötung. (idea/JF)





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