© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 06/21 / 05. Februar 2021

Arbeitspflicht aussetzen
Corona II: Unter dem Schlagwort „Zero Covid“ nutzen Akteure von Linksaußen den Kampf gegen die Pandemie, um gegen die Marktwirtschaft mobil zu machen
Hinrich Rohbohm

Es war nur eine Frage der Zeit, bis die radikale Linke das alles beherrschende Thema Corona für sich entdeckt, instrumentalisiert und schließlich mißbraucht. Nach Attac, Seebrücke, Fridays for Future, Extinction Rebellion, Ende Gelände und LGBT-Bewegung ist es nun eine Initiative namens Zero Covid, die einmal mehr den politischen und wirtschaftlichen Systemwechsel durch die Hintertür möchte.

Zum Anlaß dafür nimmt sie einen durchaus legitimen Aufruf von Wissenschaftlern, mittels zeitlich befristeter restriktiver Maßnahmen auf einen Inzidenzwert von null hinzuarbeiten, um der Pandemie Herr werden zu können. Bei den Zero-Covid-Initiatoren liest sich das allerdings so: „Maßnahmen können nicht erfolgreich sein, wenn sie nur auf die Freizeit konzentriert sind, aber die Arbeitszeit ausnehmen.“ Deshalb müßten „Fabriken, Büros, Betriebe, Baustellen, Schulen geschlossen und die Arbeitspflicht ausgesetzt“ werden. Diese „Pause“ müsse so lange dauern, bis ein Inzidenzwert von null erreicht sei.

Impfstoffe seien „globales Gemeingut“ und „sollten der privaten Profit-erzielung entzogen werden.“ In ihrem letzten Punkt lassen die Initiatoren dann die Katze endgültig aus dem Sack: „Die Gesellschaften in Europa haben enormen Reichtum angehäuft, den sich allerdings wenige Vermögende angeeignet haben. Mit diesem Reichtum sind die umfassende Arbeitspause und alle solidarischen Maßnahmen problemlos finanzierbar“, so die simple Lösung. „Darum verlangen wir die Einführung einer europaweiten Covid-Solidaritätsabgabe auf hohe Vermögen, Unternehmensgewinne, Finanztransaktionen und die höchsten Einkommen.“ Den „Schutz unserer Gesundheit“ müsse man „gegen kurzfristige Profitinteressen und große Teile der Politik erkämpfen“.

Vorwurf, die Bewegung zu unterwandern 

Mit dem von internationalen Wissenschaftlern verfaßten Aufruf zur Eindämmung der Pandemie haben diese Klassenkampf-Parolen eigentlich kaum noch etwas gemein. Jedoch dient er der radikalen Linken als willkommener Anlaß, die Forderungen in ideologisch abgeänderter Form für sich zu vereinnahmen und den Eindruck zu erwecken, die Initiative der Wissenschaftler und die Zero-Covid-Initiative verfolgten dieselben Ziele.

Schaut man sich jedoch die Liste der Erstunterzeichner von Zero Covid einmal näher an, so trifft man schnell auf eine Fülle bekannter Namen aus der linksradikalen Szene. Etwa auf Emily Laquer von der vom Verfassungsschutz beobachteten Interventionistischen Linken, die bei den Krawallen rund um den G20-Gipfel von Hamburg im Jahre 2017 eine maßgebliche Rolle eingenommen hatte und sich selbst als „Kommunistin im 21. Jahrhundert“ bezeichnet. 2019 kritisierte Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD), Laquer versuche mit der Interventionistischen Linken, Klimakundgebungen von Schülern zu unterwandern.

Aus der sogenannten Klimabewegung ist natürlich auch das deutsche Fridays for Future-Aushängeschild Luisa Neubauer bei Zero Covid als Erstunterzeichnerin des Fünf-Punkte-Aufrufes mit von der Partie. Auch der frühere Berliner Staatssekretär für Wohnen, Andrej Holm (Linke), gehört zu den Erstunterzeichnern, den das Verschweigen seiner Vergangenheit als hauptamtlicher Stasi-Mitarbeiter seinerzeit das Amt gekostet hatte (JF 4/17). Darüber hinaus ist auch der Leiter des ARD-Politmagazins Monitor, Georg Restle, mit von der Partie. Ebenso der Vizepräsident des PEN-Zentrums Deutschland, Leander Sukov, der unter anderem für die Junge Welt, die taz und die DKP-Parteizeitung Unsere Zeit als Autor tätig ist. Neben zahlreichen weiteren Journalisten und Gewerkschaftern sind selbstverständlich auch diverse Antifa-Gruppen, Sea Watch- und LGBT-„Aktivisten“ sowie die Linksjugend solid und das Feministische Streikkollektiv bei den Unterzeichnern mit dabei. 

Die Pandemie dürfte angesichts dieses illustren Personals wohl lediglich ein willkommenes Mittel sein, zum Kampf gegen den Kapitalismus zu mobilisieren.