© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 06/21 / 05. Februar 2021

Bauen im Zeitalter des neuen Kollektivismus
Klimaschädliche Privatheit
(dg)

Im Bezirk Hamburg-Nord, den seit Februar 2020 ein Grüner leitet, ist ein rot-grüner Verbotstraum wahr geworden. Seit einem Jahr gilt ein im Koalitionsvertrag verankertes, zunächst nur dort, in Eppendorf, Fuhlsbüttel und Langenhorn strikt umgesetztes Bauverbot für Einfamilienhäuser. Sie seien nicht energieeffizient, verbrauchten viel Landschaft und hinterließen daher einen zu tiefen CO2-Abdruck. Dieses kollektivistische „Hamburger Modell“ könnte, käme es in Berlin im Herbst zu einer schwarz-grünen Koalition, bundesweit Schule machen. Damit wird den vom Corona-Regime eingeschränkten Bürgern einmal mehr in Erinnerung gerufen, wie politisch das Private sein kann. Dabei haben Bauplaner und Architekten gerade im 20. Jahrhundert immer schon versucht, Gesellschaft durch Wohnungsbau zu formen. Im günstigsten Fall, wie in den 1920ern in der Stuttgarter Weißenhofsiedlung, sollte offene Innenarchitektur und genossenschaftliche Anlage, das bürgerliche Individuum seiner Privatheit entreißen und zum Gemeinschaftsgefühl erziehen. Ähnlich ideologische Ansätze, so führt der Architekturhistoriker Gregor Harbusch aus, habe auch der neuerdings wiederentdeckte West-Berliner Architekt Ludwig Leo (1924–2012) noch bis in die 1970er verfolgt. Leo ging es stets darum, Gruppenbildungen in Räumen zu fördern. Idealtypisch habe er dieses Konzept 1959 in Doppelzimmern des Studentenwohnheims Berlin-Eichkamp umgesetzt, in denen ein Deutscher und ein Ausländer verpflichtend zusammenleben sollten. Auch andere Entwürfe Leos böten für das vielleicht als nächstes geplante grüne Alleinwohnverbot zahlreiche Anregungen (Mittelweg 36, 1/2020). 


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