© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/21 / 12. Februar 2021

Regierungskrise in Italien: Ex-EZB-Chef Draghi übernimmt
Von rechts reingegrätscht
Marco F. Gallina

Ist Matteo Salvini jetzt völlig übergeschnappt? Ausgerechnet dem Ex-EZB-Chef Mario Draghi reicht der Lega-Chef die Hand. Wie kann dieser Verrat an den Idealen der Lega und der abendländischen Rechten gerechtfertigt werden? Und wie kommt es erst bei den Wählern an, die gegen EU-Bevormundung, Migrantenstrom und die gemeinsame Währung gestimmt haben?

Doch die Unterstützung einer Regierung der „nationalen Einheit“ unter Draghi ist komplexer, als es aussieht. Die Lega ist keine Protestpartei, sondern auf dem Weg zur Volkspartei. Auch die Basis interessieren eher Wirtschaftsaufbau und Pandemielockerungen denn die Lust an der Totalopposition. 

Überraschend: Offensichtlich erkennt Draghi in Salvini einen Verhandlungspartner. Anders ist nicht zu erklären, daß mit Giancarlo Giorgetti ein Lega-Mann als Vizepremier gehandelt wird. Das ist der eigentliche Clou von Salvini: Statt die Fortsetzung einer Linkskoalition unter einem anderen Premier weiterlaufen zu lassen, grätscht er von rechts rein.

Die Lega ist zweitstärkste Kraft im Parlament – und hat angesichts der stärkeren, aber zerstrittenen Fünf-Sterne-Bewegung überproportionale Kraft, sich durchzusetzen. Mit seiner Realpolitik zeigt Salvini, daß er aus dem Koalitionsbruch von 2019 gelernt hat.