© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/21 / 12. Februar 2021

Lieber mit dem Teufel koalieren
Regionalwahlen in Katalonien: Kopf-an-Kopf-Rennen erwartet / Bange Blicke auf die rechte Vox
Jörg Sobolewski

In der spanischen autonomen Gemeinschaft Katalonien stehen die Wahlen zum Regionalparlament unmittelbar bevor. Vorausgegangen war ein Rechtsstreit zwischen mehreren Kleinparteien sowie einem Wahlberechtigten auf der einen und der geschäftsführenden Regionalregierung auf der anderen Seite. Letztere hatte die Wahl ursprünglich, mit Verweis auf die Corona-Pandemie, auf den 30. Mai verschieben wollen. Der Oberste Gerichtshof der Region schob dieser Verschiebung jedoch einen Riegel vor und verfügte die Durchführung der Wahl zum ursprünglichen Termin, dem 14. Februar. 

Heiße Debatten um die Unabhängigkeit 

In den jüngsten Umfragen vor der Wahl zeichnet sich eine Mehrheit für Parteien links der Mitte ab, so liegt die sozialdemokratische PSC (Partit dels Socialistes de Catalunya) knapp vor den ebenfalls linksgerichteten Separatisten der ERC (Esquerra Republicana de Catalunya) und der Junts (Junts per Catalunya). 

Traditionell verläuft die große Konfliktlinie in der katalanischen Innenpolitik allerdings weniger im klassischen Gegensatz zwischen links und rechts als vielmehr zwischen Befürwortern und Gegnern der Unabhängigkeit. 

Lagen 2017 die separatistischen Parteien mit 47 Prozent noch knapp vorn, zeichnet sich in diesem Jahr ein Kopf- an-Kopf-Rennen ab. Mitverantwortlich dafür ist das starke Abschneiden der Sozialdemokraten, die eine Unabhängigkeit ablehnen und als regionale Schwesterpartei der in Spanien regierenden PSOE agieren. 

Hoffnung auf einen erstmaligen Einzug in das katalonische Parlament kann sich auch die rechtskonservative Vox machen. Die dem dezidiert rechten Spektrum angehörige junge Partei unter ihrem charismatischen Anführer Santiago Abascal hat im Wahlkampf immer wieder mit heftigen Angriffen linksradikaler Gruppen zu kämpfen, arbeitet sich aber in den Umfragen immer weiter nach oben. 

Darunter leidet vor allem die Partido Popular, die spanische Volkspartei, die in den Umfragewerten nur knapp vor den Newcomern der Vox liegt. Befürchtungen vor einem „sorpasso“, einem „Überholen“ der altehrwürdigen PP durch die jungen Rechten treiben auch die liberalen Ciudadanos um, die zwar noch vor PP und Vox liegen, deren Umfragewerte sich allerdings seit einigen Wochen im stetigen Sinkflug befinden. 

Deren Kandidat, Carlos Carrizosa, kündigte an, nur für eine Koalition der „Mitte, in der sowohl linke als auch rechte Parteien“ vertreten wären, zur Verfügung zu stehen. Eine Koalition mit den Separatisten schloß Carrizosa hingegen kategorisch aus „Ich würde lieber mit dem Teufel als mit den Separatisten koalieren“, erklärte er der Tageszeitung El Periódico.

Auch der Kandidat der PSC, Salvador Illa, kündigte in einem Interview mit El País an, auf die Beteiligung von separatistischen Parteien verzichten zu wollen. Er bezeichnete ein erneutes Unabhängigkeitsreferendum als „kopflos und ohne Rückhalt in der Bevölkerung“. Ein Referendum sei eine „spaltende Angelegenheit“, im Moment ginge es den Bürgern vor allem um die „Erholung der Wirtschaft und den Kampf gegen Covid-19”. 

Sich selbst bezeichnete der ehemalige spanische Gesundheitsminister als „Katalanen, Spanier und Europäer“, der „von niemandem Lektionen über Demokratie“ brauche. Eine Spitze in Richtung der Unabhängigkeitsbefürworter, die ihn für seine Ablehnung eines neuen Referendums als „wenig demokratisch“ bezeichnet hatten. 

Der ebenfalls aussichtsreiche Kandidat der separatistischen ERC und Kopf der geschäftsführenden Regierung, Pere Aragonès, kündigte hingegen an, auf eine Regierung der „separatistischen Einheit“ hinzuwirken, in der alle separatistischen Parteien vertreten seien.