© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/21 / 12. Februar 2021

Frisch gepresst

Zeitreise. Als 2014 die Bewegung „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) ins Licht der Öffentlichkeit trat, rief das vielen Deutschen einen längst vergessen geglaubten Begriff in Erinnerung: das Abendland. Nach der klassischen Lehrformel des heutigen Schulunterrichts umschreibt dies den Westen in Anlehnung an die untergehende Abendsonne und in Abgrenzung zum orientalisch geprägten Morgenland. Für den Autor und Filmemacher Paul Badde ist das Abendland aber viel mehr, nämlich „eine Geschichte, die man sich auch als einen geistlichen Kontinent durch die Zeiten vorstellen kann.“ Seele und Fundament des Ganzen sei die römisch-katholische Kirche. Badde schildert das Heranwachsen des Abendlandes in einem prosaischen Erzählstil. Dabei springt er durch Zeit und Raum, um verschiedene Eindrücke wirken zu lassen. Auf diese Weise vereint er die nüchternen Sachinformationen mit der atmosphärischen Darstellung eines historischen Romans zu einer spannenden Reise zu den Wurzeln der westlichen Werte. (zit) 

Paul Badde: Abendland. Die Geschichte einer Sehnsucht. Fe-Medienverlag, Kißlegg 2020, gebunden, 464 Seiten, 17,80 Euro





Ende der Politik. Zhao Tingyang gilt als einer der wichtigsten Denker Asiens. Sein jetzt ins Deutsche übersetztes Hauptwerk aktualisiert mit „Tianxia“ (wörtlich „Unterm Himmel“) einen Begriff,  mit dem die klassische chinesische Philosophie ihre Vorstellung von idealer Weltordnung formuliert. Im Westen wird Zhaos erstmals 2016 publizierter Text als theoretische Unterfütterung des chinesischen Weltmachtanspruchs gelesen. Dabei sind die Plätze jenes Himmels, der bald „alles“ überwölben soll, für die kommunistische Staats- und Parteiführung in Peking reserviert. Zugleich wolle sein Programm für Chinas neue „Ordnung der Koexistenz“ das von Carl Schmitt definierte westliche Konzept des Politischen verdrängen, die Unterscheidung von Freund und Feind, das die Weltgeschichte als unaufhebbaren Kampf versteht. Während das Freund-Feind-Denken die Welt in Innen und Außen einteilt, kennt das Tianxia-Prinzip keine „untolerierbaren Außenstehenden“. Denn alle sind nach dem avisierten Ende der Politik der Konflikte und Kriege „eingeladen“, unter dem chinesischen Himmelsdach „eine friedliche Welt zu schaffen“. (dg)

Zhao Tingyang: Alles unter dem Himmel. Vergangenheit und Zukunft der Weltordnung. Suhrkamp Verlag, Berlin 2020, gebunden, 266 Seiten, 22 Euro