© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 09/21 / 26. Februar 2021

Grüße aus Bozen
Druck im Kessel
Paul Decarli

Vom jüngsten Erlaß des bayerischen Landesfürsten Markus Söder, die Einreise aus Österreich nur mehr mit einem negativen Corona-Test zu gestatten, ist vor allem Tirol betroffen. Was diese De-facto-Grenzschließung dabei unter anderem mit sich bringt, war dem Tiroler Landeshauptmann Günther Platter schnell klar: Sehr lange Lkw-Staus. Durch Tirol führt eine der wichtigsten Verkehrsrouten Europas, damit ist das Land Schlagader der Transportwirtschaft. 

Was die Köpfe im Innsbrucker Regierungssitz an der ganzen Sache allerdings noch mehr störte als die gestrandeten Lkw-Fahrer an der Grenze, war der zusätzliche Druck im Kessel. Tirol steht ohnehin schon unter massivem Beschuß aus Wien wegen der südafrikanischen Corona-Mutation, die dort verstärkt festgestellt wurde. Deshalb beschloß die Nordtiroler Landesregierung kurzerhand selbst, daß bei Einreisen ein negativer Corona-Test vorgelegt werden muß. Das Stau-Problem war damit nicht gelöst, sondern wurde hinter den Brenner nach Südtirol verschoben, frei nach dem Motto: Aus den Augen, aus dem Sinn. 

Konkrete Lösungen müssen für diesen Grenz-Fleckenteppich von der EU kommen. 

Die neuen Einreisebestimmungen waren indes eine kalte Dusche für Südtirol, da es keine Vorwarnung gegeben hatte. Böse Zungen sprechen in solchen Momenten gern von „Schönwettertirolern“, welche sich in sonnigen Zeiten einig zeigen, doch es an regnerischen Tagen ganz und gar nicht sind. Eilig wurde zur Lösung am Brenner eine eigene Corona-Teststation für Lkw-Fahrer errichtet, um zumindest 40 bis 50 von ihnen pro Stunde die Weiterfahrt zu ermöglichen. Zusätzlich wurde bereits in Verona mit der Filterung des Verkehrs begonnen. Damit sollte verhindert werden, diejenigen an der Brennergrenze zu blockieren, die in Richtung Österreich unterwegs sind und noch nicht über die neuen Bestimmungen Bescheid wissen. 

Dort wartet nämlich nicht nur eine ungewisse Aufenthaltsdauer auf die Fahrer, sondern auch Temperaturen von bis zu 15 Grad unter null. In die Posse hat sich unlängst auch die Politik eingeschaltet. So forderte Italiens Lega-Chef Matteo Salvini, mit den gleichen Waffen zurückzuschlagen und selbst Einreisebestimmungen zu erlassen. Damit wäre das Problem aber nur verschoben. Konkrete Lösungen können für diesen Grenz-Fleckenteppich nur von der EU kommen. Der freie Waren- und Güterverkehr ist eine ihrer vier Grundfreiheiten. Doch in Brüssel tut sich nichts und so frieren die Lkw-Fahrer weiter.