© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 10/21 / 05. März 2021

Umbenennung der Woche
Genau hingeschaut
Alexander Graf

Auch 75 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus lohne es sich „immer wieder, genau hinzuschauen und kritische Fragen zu stellen“, ist die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Augsburger Stadtrat, Verena von Mutius-Bartholy, überzeugt. Anlaß für diese Einsicht ist die Umbenennung der Langemarckstraße in der Hauptstadt von Bayerisch-Schwaben. Künftig wird sie Familie-Einstein-Straße heißen. Beantragt hatten dies die Grünen – gemeinsam mit der CSU. Es sei, so die beiden Fraktionen, als „ein deutliches Zeichen für Toleranz und Vielfalt“ zu werten. Seit 1939 hieß die Straße nach dem Ort Langemarck in Flandern. Dort war es im November 1914 zu Beginn des Ersten Weltkriegs zu schweren Kämpfen gekommen. In Erinnerung an die Gefallenen wurde bereits kurz danach in Deutschland die Erinnerung mit dem Mythos verbreitet, die jungen Soldaten seien mit dem Gesang „Deutschland, Deutschland über alles“ gegen die feindlichen Truppen vorgegangen. Die Schlacht markierte den endgültigen Übergang vom Bewegungs- zum Stellungskrieg an der Westfront. Der neue Straßenname nun sei „eine Reminiszenz an die jüdische Tradition“ des Augsburger Stadtteils Kriegshaber und stehe „für das friedliche Nebeneinander der Religionen“, so die Grünen. Stadtrat Andreas Jurca (AfD) nannte es eine „aufgebauschte Angelegenheit“ in „Ermangelung von echtem Faschismus“.