© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 10/21 / 05. März 2021

Kehrt marsch
Ex-AfD-Landeschef Kalbitz: Verzicht auf Kandidatur
Christian Vollradt

Nun also doch nicht. Quasi in letzter Minute erklĂ€rte der frĂŒhere Brandenburger AfD-Landesvorsitzende und derzeit parteilose Andreas Kalbitz, sich nicht als Direktkandidat im Wahlkreis Wahlkreis 65 (Elbe-Elster – Oberspreewald-Lausitz II) aufstellen zu lassen (JF 6/21). Am Abend vor der Wahlversammlung am vergangenen Sonntag erklĂ€rte Kalbitz seinen RĂŒckzug damit, er habe damit „ernsthafte Sanktionierungen“ gegen die VerbĂ€nde „bis hin zu deren Auflösung“ durch den Bundesvorstand abwenden wollen. Damit wĂ€re „aus machtpolitischen GrĂŒnden“ einer der erfolgreichsten LandesverbĂ€nde der AfD weiter destabilisiert worden. Ein gewichtiges Signal muß gewesen sein, daß der Beschluß des Bundesvorstandes zum Auftrittsverbot mit der Stimme von Co-Bundessprecher Tino Chrupalla gefallen war, der vor einem Jahr noch gegen die Annullierung der Mitgliedschaft von Kalbitz gestimmt hatte.

Auch innerhalb der brandenburgischen AfD sahen FunktionĂ€re ihren Landesverband durch eine Weigerung Kalbitz’, sich vollstĂ€ndig politisch zurĂŒckzuziehen, gefĂ€hrdet. Innerhalb der Landtagsfraktion ist es ein offenes Geheimnis, daß der RĂŒckhalt fĂŒr den Ex-Vorsitzenden zunehmend schwindet. Kalbitz warf seinen Gegnern („beuteorientierte Hasardeure“ und „fĂŒnfte Kolonne“ des AfD-Bundessprechers Jörg Meuthen) vor, „destruktiv“ den „bisherigen StabilitĂ€ts- und Erfolgskurs“ eines „der erfolgreichsten deutschen AfD-LandesverbĂ€nde mitten im Wahljahr zu unterminieren“. Eine Antwort auf diese, dem eigenen Wirken zugeschriebene Erfolgsgeschichte, erhielt Kalbitz auf ungewöhnlichem Weg: mit einem gemeinsamen Gastbeitrag auf sezession.de, den unter anderem der Potsdamer Fraktionsvorsitzende Hans-Christoph Berndt, der Parlamentarische GeschĂ€ftsfĂŒhrer Dennis Hohloch und der Bundestagsabgeordnete RenĂ© Springer verfaßt haben. Darin heißt es, ursĂ€chlich „fĂŒr Ruhe und Einigkeit“ im Landesverband Brandenburg sei „nicht etwa ein interner Konsens, sondern der RĂŒckzug zahlreicher Mitglieder in die PassivitĂ€t, aus Angst zwischen dem ‘liberalen Lager’ und dem ‘FlĂŒgel’ aufgerieben zu werden“. Das sei beklagenswertes Ergebnis eines jahrelangen destruktiven Prinzips „wer nicht fĂŒr mich ist, ist gegen mich“.

Am Sonntag wĂ€hlten die KreisverbĂ€nde schließlich anstelle von Kalbitz mit Silvio Wolf jenen Mann, der als AfD-Kreisvorstand in Oberspreewald-Lausitz zuvor maßgeblich hinter der Idee einer Kalbitz-Kandidatur stand. Wolf  setzte sich in einer Stichwahl mit 31 zu 26 Stimmen gegen den AfD-Bundestagsabgeordneten Norbert KleinwĂ€chter, einen erklĂ€rten Kalbitz-Gegner, durch.