© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 10/21 / 05. März 2021

CD-Kritik: Ensemble reflektor
Liebesbriefe
Jens Knorr

Wer sich darĂŒber verwundert, daß Beethoven die achte Symphonie und den berĂŒhmten „Brief an die unsterbliche Geliebte“ in zeitlicher NĂ€he geschrieben hat, verkennt die Dialektik zwischen Kunst und Leben.

Seit seiner GrĂŒndung im Jahre 2015 arbeiteten die Musiker des ensemble reflektor, ansĂ€ssig in Halle 424 im Hamburger Oberhafen, an einem Zyklus mit den Sinfonien Beethovens, die sie einzeln in den Fokus nehmen und bei ihren Konzerten und Einspielungen in einen subjektiven programmatischen Zusammenhang stellen. Diesmal lassen sie sich von Liebesbriefen inspirieren, die sie selbst schrieben oder bekamen, holen sich Rat und Ermutigung sowohl bei ausgewĂ€hlten Liebeslieder-Walzern des unerfĂŒllt Liebenden Johannes Brahms, als auch bei Whitney Houstons „I will always love you“, Nenas „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“ und Roberta Flacks „Killing me softly“. Und zum Beschluß spielen sie die Achte als ĂŒberschwenglichen Liebesbrief: der abgesandte widerlegt den nichtabgesandten.

Hanseatischen Humor haben sie! Ihre Chuzpe bei Auswahl und Arrangements hĂ€tte sich der Hörer mehr noch in AusfĂŒhrung der StĂŒcke gewĂŒnscht. Wie soll Herzblut in die Feder kommen, wenn sie nur die OberflĂ€che kratzt? Hat Beethoven die Achte und den „Brief an die unsterbliche Geliebte“ am Ende mit derselben roten Tinte geschrieben?

Liebeslied Ensemble reflektor PASCHENrecords 2020  www.paschenrecords.de  www.ensemble-reflektor.de