© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 11/21 / 12. März 2021

Aufgeschnappt
Übersetzungsordnung
Matthias Bäkermann

Ein mürrisches Augenbrauenheben der niederländischen „Black Lives Matter“-Aktivistin Janice Deul genügte, um identitätspolitisch wieder Ordnung herzustellen. Die Tatsache, daß der renommierte Verlag Meulenhoff die Autorin und Übersetzerin Marieke Lucas Rijneveld für die Gedichte der US-Poetin Amanda Gorman beauftragte, forderte Deul vor zwei Wochen zu einem scharfen Protest in der Tageszeitung De Volkskrant heraus. Es sei eine „Schmerz und Frustration verursachende Entscheidung“, jemanden für die Übersetzung des Werkes zu wählen, die anders als die Autorin nicht von „ihrer Erfahrung und Identität als schwarze Frau“ geprägt sei. Mit dieser Kritik aktivierte die schwarze Journalistin umgehend ihre BLM-Kettenhunde zu einem veritablen Shitstorm gegen Meulenhoff. 

Und obwohl US-Autorin Gorman, bekannt durch ihre Lyrikpräsentation zur Inauguration von Joe Biden, als auch der Verlag ihre Wahl von Rijneveld befürworteten, brach die 30jährige Übersetzerin, die sich selbst als „nichtbinär“ (weder männlich noch weiblich) bezeichnet, unter dem Druck zusammen und trat von ihrer Aufgabe zurück. „Ich bin schockiert über den Aufruhr, (...) verstehe aber die Menschen, die sich verletzt fühlen“, gestand die weißhäutige Schriftstellerin später reuig auf Twitter ein.