© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 11/21 / 12. März 2021

„Inkarnation des Bösen“
Pädosexuelle Netzwerke: Studie beleuchtet Rolle der linksalternativen Szene
Ronald Berthold

Wer mit politisch korrekten Worten kriminelles Handeln verharmlost, findet in linken Kreisen schnell Unterstützung. So exerzierten vor Jahren Päderasten dieses Prinzip beim Kindesmißbrauch vor. Mit „Narrativen einer ‘Befreiung’ des Kindes von kleinbürgerlichen Familien- und Unterdrückungsverhältnissen“, wie es eine neue Untersuchung beschreibt, machten sie ihre sexuellen Vorlieben in politischen und wissenschaftlichen Milieus anschlußfähig.

Die Täter tischten die Erzählung auf, die Straffreiheit für sexuellen Mißbrauch von Schutzbefohlenen und für kinderpornographische Abbildungen abzuschaffen, verbessere die „Kinderrechte“. Bis hinein in die Grünen fand diese absurde Behauptung Unterstützer. Die nun veröffentlichte 120seitige Vorstudie zu „Programmatik und Wirken pädosexueller Netzwerke in Berlin“ beklagt, daß „ein Großteil der linksalternativen bzw. autonomen Szene“ Mißbrauch in den eigenen Reihen geduldet und weggesehen, „wenn nicht sogar unterstützt“ habe. Dies zeigten Gespräche mit Zeitzeugen „deutlich“.

Die Forscher Iris Hax und Sven Reiß haben für die „Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmißbrauchs“ im Schlußteil auch die linke Szene unter die Lupe genommen. Das Gremium wurde 2016 aufgrund eines Bundestagsbeschlusses einberufen. 

Wer Pädophilie verurteilt, wird zum Feind umgedeutet 

Zwei Männer erzählen erschütternd von ihren damaligen Gewalterfahrungen in West- und Ost-Berlin. Die Vorstudie versieht diesen Abschnitt mit einer „Triggerwarnung“: „Die Berichte enthalten zum Teil Schilderungen, die verstörend sein können. Einige Worte oder Beschreibungen können Erinnerungen und schlechte Gefühle auslösen.“

Die geschilderten Mißbrauchserfahrungen führten vor Augen, „daß eine kritische geschichtspolitische Betrachtung der Liberalisierung von Lebensformen in der BRD auch deren blinde Flecken benennen muß“, schreiben die Autoren.

Aktuell konzentrieren sich die Anwürfe vorwiegend auf Kirchen und Internate. Die Grünen und ihr Umfeld bleiben im Vergleich dazu und von einer Debatte 2013 abgesehen meist außen vor – obwohl diese anders als Katholiken und Schulen offen Pädophilie verteidigt und deren Straffreiheit gefordert haben.

Für nicht wenige Akteure in Politik und Medien gehört dies zu den Tabus und bildet einen weiteren „blinden Fleck“. Die Studie beschreibt die Vorgehensweise von den 1970er bis 2000er Jahren in Berlin. Sie legt auch die „Rechtfertigungsstrategien“ für den massenhaften Kindesmißbrauch durch progressive Wissenschaftler offen.

So argumentierten Täter und Unterstützer, „die ungleichen Machtverhältnisse zwischen den Generationen progressiv neu ordnen zu wollen“. Dies sei sogar auf Sympathie in liberalen Milieus gestoßen. Noch im Jahr 2000 wandte sich die von prominenten Intellektuellen immer wieder hochgelobte selbsternannte „unabhängige Bürgerrechtsorganisation“ Humanistische Union (HU) gegen eine „geradezu kreuzzugartige Kampagne gegen Pädophilie“ als eine „Inkarnation des Bösen“.

In einer Art Täter-Opfer-Umkehr beklagte der Bundesvorstand in einer einstimmig verfaßten Resolution, daß sexuelle Beziehungen mit Kindern zu Mißbrauch umgedeutet würden. Dieser Wandel richte sich gegen die „jungen Partner einer pädophilen Beziehung“. Im Grunde hieß das: Wer sexuellen Mißbrauch von Kindern anprangere, sei in Wirklichkeit ein Feind der Kinder, denn die wollten das. Vier Jahre später distanzierte sich die HU von diesem Beschluß.

Die Organisation war in den von linken Gruppen befürworteten Kindesmißbrauch arg verstrickt, deckt die Vorstudie auf. Mit der berüchtigten „Deutschen Studien- und Arbeitsgemeinschaft Pädophilie“ (DSAP) veranstaltete die HU mehrfach gemeinsame Seminare. Sie stellte den Mißbrauch-Fans sogar die Anschrift des Humanistischen Bildungswerks als Postadresse zur Verfügung.

Traditionell ist die HU über den Beirat stark im etablierten politischen Milieu vernetzt. Die ehemaligen Bundesminister Werner Maihofer, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (beide FDP), Herta Däubler-Gmelin und Heidemarie Wieczorek-Zeul (beide SPD) gehörten dem Gremium genauso an wie diverse Bundestagsabgeordnete von SPD und FDP. Heute sitzen dort die Grünen-Politikerinnen Claudia Roth und Renate Künast. Letztere trat 1979 der Alternativen Liste (AL) bei, wie sich die Grünen in West-Berlin nannten. 

In ihrem Wahlprogramm bezeichnete es die Partei damals als „unmenschlich, Sexualität nur einer bestimmten Altersstufe und unter bestimmten Bedingungen zuzubilligen“.

Die AL forderte: „Wenn Jugendliche den Wunsch haben, mit Gleichaltrigen oder Älteren außerhalb der Familie zusammenzuleben, sei es, weil ihre Homosexualität von ihren Eltern nicht akzeptiert wird, sei es, weil sie pädosexuelle Neigungen haben, sei es aus anderen Gründen, muß ihnen die Möglichkeit dazu eingeräumt werden.“ 1981 verlangte die AL dann, sexuelle Handlungen mit Kindern nur dann zu bestrafen, wenn Gewalt angewendet oder ein Abhängigkeitsverhältnis ausgenutzt werde.

Zur AL gehörte damals auch Dieter Ullmann, der sich für die Partei aus dem Gefängnis heraus offen als „pädosexueller Kandidat“ um einen Sitz im Abgeordnetenhaus bewarb. Daniel Cohn-Bendit, der bereits 1975 in einem Buch schilderte, wie Kinderladen-Kinder angeblich Sex mit ihm praktizierten und er mit ihnen, frohlockte damals über ein Wahlergebnis von zehn Prozent: „Dann kommt nämlich Dieter Ullmann, der jetzt noch im Knast sitzt, in das Berliner Abgeordnetenhaus.“ Der Pädophilie-Verfechter, der gerichtsfest unter anderem zwei siebenjährige Mädchen mißbraucht hatte, war der führende Kopf der DSAP. Wie Parteienforscher Franz Walter der FAZ vor sechseinhalb Jahren sagte, bildete diese „die wichtigste Kaderorganisation der Pädophilen in den 1970er und 1980er Jahren“. Nicht nur die HU, sondern auch die Grünen kooperierten mit ihm.

1985 übernahm der Pädokriminelle die Führung der Grünen-Bundesarbeitsgemeinschaft „Schwule, Päderasten und Transsexuelle“ (BAG SchwuP) als sogenannter Koordinator. Bereits ein Jahr zuvor hatten die Grünen die BAG SchwuP, die offensiv die Legalisierung von Sex mit Kindern forderte, gehörig aufgewertet: Sie wurde dem Arbeitskreis „Recht und Gesellschaft“ der Bundestagsfraktion zugeordnet und von der Bundespartei und der Bundestagsfraktion finanziert.

Später wollte sich Künast an den inzwischen verstorbenen Ullmann nicht mehr erinnern: „Da habe ich jetzt kein Gesicht vor Augen“, sagte sie 2013 in einer Talkshow. Im selben Jahr verteidigte sie ihre Partei gegen die nun auftauchenden Pädophilie-Vorwürfe mit den Worten, daß „wir nicht der Ort der Täter sind“. Der in der Partei äußerst umtriebige Ullmann allerdings wurde als Mehrfach-Täter mindestens sechsmal verurteilt – und zwar bereits bevor er in führender Rolle der Grünen-Bundestagsfraktion als Kindersex-Lobbyist zuarbeitete. Auch in linken Medien fanden die Pädokriminellen als Teil einer angeblichen „Emanzipationsbewegung“ Gehör. In der taz und im Berliner Stadtmagazin Zitty konnten sie für ihre Positionen werben.

Die Vorstudie nimmt „erste Aufarbeitungsprojekte von Bündnis 90/Die Grünen und ihrem Berliner Landesverband“ auf. Diese hätten „bereits wichtige Erkenntnisse hervorgebracht“. Daran habe man anschließen können. Das Papier sei jedoch nicht als wissenschaftliche Aufarbeitung zu verstehen, sondern als eine Beschreibung der Problemfelder, betonen die beiden Wissenschaftler. Die Arbeit solle „Anknüpfungspunkte für weitere Aufarbeitung“ bieten.

Und die gibt es rund um die Grünen und die ihr nahestehenden sozialen Bewegungen mehr als genug. In der Untersuchung heißt es: „Insbesondere die Szene in den besetzten Häusern und alternativen Wohngemeinschaften in Berlin bot Männern und Frauen vielfache Möglichkeiten zu sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. So waren einzelne Wohngruppen, darunter auch homosexuelle WGs, Pädosexuellen gegenüber durchaus offen.“

Später beschreibt die Studie anhand von neun verschiedenen Organisationen und Projekten aus der „linksalternativ-autonomen Szene“, wie dort unter dem politisch korrekten Deckmantel der „Kinderrechte“ Mißbrauch gang und gäbe war. Gleichzeitig legen die Autoren die politisch gewalttätigen Strukturen dieser Klientel offen, die die radikale Linke bis heute gegen Andersdenke anwendet. Die ehemalige Kreuzberger Sozialarbeiterin Frauke Homann wurde massiv bedroht, weil sie sich der mißbrauchten Kinder und Jugendlichen im Bezirk annahm. Sie betreute damals auch Schüler, die in Gerichtsverfahren unter anderem gegen Ullmann aussagen sollten. Vor ihrem Büro sprühten die Aktivisten die Parole „Homann, wir kriegen dich“ auf den Bürgersteig. Daraufhin erstattete sie Anzeige.

 Wissenschaftskreise stützten pädophiles Treiben

Die Maueröffnung nutzten dann allerdings die Päderasten, um in besetzten Häusern des Ostteils der Stadt ihr Unwesen zu treiben. Laut der Vorstudie zogen einige der in West-Berlin verurteilten Täter nach ihrer Haftentlassung dorthin „oder suchten Kontakt zu neuen Projekten, die hier entstanden“.

Die Autoren haben begonnen, diesen Bereich zu untersuchen. Sie klingen erschüttert, wenn sie schreiben: „Bereits die stichprobenartigen Recherchen verdeutlichen, daß gerade die frühen 1990er Jahre als Phase einer (Neu-)Formierung von organisierten pädosexuellen Kreisen, kriminellen Händlerringen sowie organisierter sexueller Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen untersucht werden müssen.“

Die Kreise, die dieses Treiben als angeblich alternative Lebensmodelle deckten, sind gesellschaftlich und wissenschaftlich stark verankert. Anders ist die Vorsitzende der Unabhängigen Kommission, Sabine Andresen, wohl nicht zu verstehen, wenn sie auf die Beteiligung der Wissenschaft an den Narrativen vermeintlicher sexueller Emanzipation in der Sexualwissenschaft sowie der Erziehungswissenschaft verweist.

Auch Vertreter verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen hätten, so Andresen, die Positionen der Kinderschänder und die Vernetzung der Gruppierungen über Berlin hinaus unterstützt. Daher sei eine „bundesweite Aufarbeitung notwendig“.





Pädophilie kein Kavaliersdelikt

Die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Christa Meves hat in ihrem März-Rundbrief betont, daß die Aufdeckung der Kinderschänderringe in Nordrhein-Westfalen Erschreckendes zutage gefördert hätten, doch müsse die daraus entstandene Aufregung als „Silberstreifen am Horizont unserer Sexszene“ gewertet werden. Allerdings, so die 95jährige, blieben die Schlußfolgerungen in den zahlreichen TV-Sendungen „meist oberflächlicher Art“. Sie habe, so Meves weiter, schon 1972 vor den Empfehlungen der „Emanzipierer“ gewarnt, Kinder „fleißig in Sexualität einzuüben, damit sie später genug ‘Spaß‘ daran hätten“. Zudem kritisierte die Psychotherapeutin, daß die einschlägigen Paragraphen dazu, ab der 4. Strafrechtsreform von 1975 immer mehr geschleift worden seien. „Pädophilie sei immer häufiger ungeahndet geblieben. Entschiedene Maßnahmen gegen die Gepflogenheiten der Kindesverführung seien ausgeblieben.“ (ctw)

 www.christa-meves.eu