© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 11/21 / 12. März 2021

Der Flaneur
Feminismus? Was weiß ich ...
Ira Austenat

Endlich“, denke ich, als ich diese Nachricht lese: „Die Straßen den Bedürfnissen von Frauen anpassen!“ Das wurde aber auch Zeit. Als Frau ist man im öffentlichen Leben ja massiv beeinträchtigt.

Das beginnt bereits bei den ganz kleinen Dingen, wie Erinnerungen an die unternehmungslustige Zeit vor Corona zeigen. 

Sind sie jemals mit High Heels zur Deutschen Oper gelaufen? Dann wissen Sie sofort, was ich meine. Das hält kein Absatz aus. Ich vermute hier eine geheime Konspiration meines Schusters (männlich) mit dem Straßenbauamt.

Vielleicht möchte ich ja nicht diktiert bekommen, wann ich mein Auto abholen soll?

Ohnehin ist es massiv diskriminierend, daß ich nicht vor der Oper parken kann. Bei schlechtem Wetter vom Parkhaus bis zum Eingang zu laufen ruiniert jede Frisur. Auch hier zeigt sich die patriarchalische Unterdrückung, indem ich gezwungen werde, entweder wie ein Schrubber auszusehen oder mich von meiner Begleitung am Eingang absetzen zu lassen, während er (sic) in aller Freiheit einen Parkplatz suchen darf.

Mann sein hat so viele Vorteile. Zum Beispiel mein Werkstattmeister. Da übergibt er mir mit einem maliziösen Lächeln den Schlüssel zum Leihwagen mit dem Satz: „Er steht vorgewärmt an der Tür.“ Unfaßbar bevormundend! Was wäre denn, wenn ich gern ein eiskaltes und zugefrorenes Auto bestiegen hätte?! 

Und es ging noch diskriminierender weiter: „Ich rufe durch, wenn es fertig ist.“ Vielleicht möchte ich ja nicht diktiert bekommen, wann ich mein Auto nach der Reparatur abholen soll? Vielleicht möchte ich in aller Freiheit ja jeden Tag anrufen, um eine abschlägige Antwort zu erhalten?

Ich überlege, dieser sinnvollen und überfälligen Initiative beizutreten. Während ich diesen Gedanken so nachhänge, fängt mein Jüngster aus vollem Halse an zu lachen. „Mama, die werden dich da nicht wollen!“ Er ist ein Kind, was weiß er schon von Feminismus.