© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/21 / 22. Oktober 2021

Kabinenklatsch
Die Pfennige herauskratzen
Ronald Berthold

Manchmal ist das Beste am Spiel die Pause. Die eine Mannschaft kann nicht, die andere ist nicht besser. So entsteht ein grausames Ballgeschiebe. Es grenzt an Körperverletzung der Zuschauer. Und die fragen sich gelangweilt auf ihren Stadionsitzen, was sie nicht alles hätten anfangen können mit diesem Sonnabend nachmittag. Denn daß der Grottenkick am Ende 0:0 ausgeht, haben die Fans schon nach zehn Minuten geahnt.

In der Pause kann man dann Bier holen, mit den Nachbarn über den eigenen Verein meckern oder sich einfach nur danach sehnen, daß das Spiel endlich vorbei ist. 15 Minuten können da ganz schön lange sein. Aber für die geldgierigen Verbände nicht lange genug. Die Unterbrechung soll jetzt auf 25 Minuten aufgeblasen werden. Der südamerikanische Verband fordert das. Dann könne er tolle Halbzeitshows anbieten. Und die Fernsehsender frohlocken, noch mehr Werbung zeigen zu können. Die Kohle soll rollen. Koste es, was es wolle. Der Stadionaufenthalt auch beim mühseligsten Kick dehnt sich dann weiter wie Kaugummi, damit die Fans das genießen können, was sie nicht wollen. Helene Fischer war 2017 beim Pokalendspiel im Olympiastadion von beiden Lagern gnadenlos ausgepfiffen worden. Nicht, weil ihre Performance schlecht war, sondern weil die Zuschauer Fußball sehen wollten und kein Konzert. Umgekehrt nimmt eine lange Pause auch aufregenden Partien die Spannung. Sowohl bei Spielern als auch Besuchern geht die Luft raus. Es nutzt wieder einmal nur denjenigen, die den letzten Pfennig aus dem Fußball herauskratzen möchten. Um im Bild zu bleiben: Irgendwann dürfte der Kredit auch bei den gutmütigsten Fans aufgebraucht sein.