© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/21 / 12. November 2021

Umwelt
Touristischer Gegenwind
Volker Kempf

Im Ländle hat der Widerstand gegen die Windkraftausbaupläne von Grün-Schwarz einen Namen: Martin Herrenknecht. Der 79jährige Chef der weltbekannten Tunnelbohrfirma schaltet im regionalen Blätterwald Anzeigen gegen die Windindustrie im Schwarzwald. Das fällt auf. Weniger auffällig, aber nicht minder wichtig ist der Widerstand der Tourismusbranche gegen Windkraftstandorte. Da findet schnell zusammen, was zusammengehört. Der Zweckverband Hochschwarzwald Tourismus (HTG) lud mit der Landschafts- und Naturschutzinitiative (Lena) kürzlich ins Kurhaus Schluchsee ein, Hauptredner war Herrenknecht. Der Vortrag war für Beherbergungsbetriebe gedacht, nicht für die breite Öffentlichkeit. Das könnte man als gelebte Versammlungsfreiheit in Coronazeiten abhaken. Nicht so unter Windkraftbefürwortern, 40 Klimaaktivisten hatten sich mit Transparenten, Fridays-for-Future-Fahne und einem Banner mit der Aufschrift „Windräder. Ja bitte“ vor dem Kurhaus positioniert, wie die Regionalpresse berichtete.

In der Rheinebene ist bereits eine neue Generation von Windanlagen mit Höhen von 250 Metern projektiert.

Auch Volker Finke, von 1991 bis 2007 Trainer des SC Freiburg, sei in den Kurort im Naturpark Südschwarzwald angereist. Er erwarte, so der 73jährige Ex-Fußballtrainer, daß die grün-schwarze Landesregierung den geplanten Windkraftausbau durchsetze. Für ein höheres Ziel, den Klimaschutz, versteht sich. Herrenknecht selbst betont immer wieder, nicht generell gegen Windkraft zu sein. Auch aus der Schwarzwälder Tourismusbranche klingt das immer wieder an. In touristisch sensiblen Regionen hätten Windrotoren aber nichts zu suchen, lautet hier die Stoßrichtung. Wo die Interessen eines ganzen Berufsstandes berührt werden, regt sich etwas. Doch in der Rheinebene ist bereits eine neue Generation von Anlagen mit Höhen von 250 Metern projektiert. Noch kann sich das kaum jemand vorstellen. Was das für das Weltklima unter dem Strich bringen soll, bleibt auch windig. Wenn dann nicht einmal mehr vegane Tierschützer den Vogeltotschlag ins Feld führen, muß die Lage ernst sein. Da werden Dogmen errichtet; sie sind besonders hartnäckig und werden mit zivilreligiösem Eifer verteidigt.