© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    09/98 20. Februar 1998

 
 
Niedersachsen-Wahl: Kundgebungen nationaler Parteien
Die Stunde der Patrioten
von Volker König

Nach einem schlappen Auftakt hat der niedersächsische Landtagswahlkampf doch noch an Schwung gewonnen. Davon scheinen auch die beiden landesweit kandidierenden Parteien des rechten bzw. konservativen Spektrums erfaßt worden zu sein. Am vergangenen Wochenende fanden die Auftaktkundgebungen der Republikaner und der Deutschen Partei statt.

Die Republikaner, die im Wahlkampf bislang vor allem durch Plakatwerbung in Erscheinung traten, veranstalteten ihre zentrale Großkundgebung in der Stadthalle von Hannover. Von einem Besucherandrang konnte allerdings nicht die Rede sein. Nur etwa 150 Interessenten verloren sich in dem 800 Besucher fassenden Beethovensaal. Auch die Zahl der üblichen Gegendemonstranten fiel spärlich aus; vor dem Portal harrten lediglich 20 "Antifaschisten" aus. Zu ihrer eigenen Verblüffung wurden sie von den Republikanern in den Saal gebeten. Dort konnten sie ihr Spruchband entrollen, bevor sie zur allgemeinen Erheiterung mit rythmischem Klatschen und "Tschüs"-Rufen verabschiedet wurden. Als an der Saaltür ein besonders mutiger Autonomer noch ein "Nazis raus!" erschallen ließ, konterte Rolf Schlierer, Bundesvorsitzender der Republikaner, mit der Bemerkung, da habe er ganz recht: "Denn wie man sieht, gehen jetzt gerade die Nazis raus."

Schlierers Rede überzeugte an diesem Abend auch durch Ironie und Witz. Sein Vortrag berührte fast die gesamte Palette politischer Fragen. Akzente setzte Schlierer bei den Themen Kriminalitätsbekämpfung, Arbeitslosigkeit und Verschuldung. Er kritisierte vor allem die finanzpolitische Verantwortungslosigkeit, mit der Schröder die Staatsverschuldung in Niedersachsen von 30 Milliarden auf die Rekordhöhe von 63 Milliarden Mark hochgetrieben habe. Von allen Bundesländern weise Niedersachsen die stärkste "Explosion des Schuldenzuwachses" auf. Die SPD-geführte Landesregierung habe in allen wichtigen Fragen der Politik "schmählich versagt" und das Land in eine "fast ausweglose Lage manövriert", erklärte Schlierer in seiner häufig von Beifall unterbrochenen Rede.

Der Republikaner-Chef erinnerte auch an den Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Einwanderung. Der besorgniserregende Anstieg der Arbeitslosenzahlen auf bald fünf Millionen könne nicht ohne drastische Einschränkung der immer noch anhaltenden Zuwanderung aus dem Ausland spürbar verringert werden, sagte Schlierer.

Von diesen Aussagen dürften die Wähler in Niedersachsen allerdings nicht viel mitbekommen haben. Die Regionalzeitungen boykottierten die Berichterstattung über die Kundgebung, und das Fernsehteam des Norddeutschen Rundfunks (NDR) verließ bezeichnenderweise den Saal, nachdem das "Antifa"-Grüppchen seine Polit-Pirouette gedreht hatte.

Während in Hannover die Republikaner tagten, versammelten sich in Verden die Föderalisten der Deutschen Partei (DP) zu ihrer Auftaktkundgebung. Zu Ehren ihres Gastredners Hubert Dorn, Vorsitzender der Bayernpartei, hatte die DP neben dem gelb-weißen Tuch des einstigen Königreichs Hannover auch das weiß-blaue Rautenbanner aufgezogen.

Der Gast aus München dankte diese Geste vor knapp 100 Zuhörern mit einer markigen Rede, in der er nicht mit historischen Exkursen geizte. Was den Bayern Herzog Tassilo, das sei den Niedersachsen Herzog Widukind, und so habe es hohen Symbolcharakter, daß die Kundgebung in Verden stattfinde, dem Ort der Massenhinrichtung sächsischer Freiheitskämpfer durch Karl den Großen, "den ersten Zentralisten in der deutschen Geschichte". Heimattreuer Freiheitswille sei zeitlos, erklärte Dorn. Diesen gelte es vor allem gegen den nun aus Brüssel drohenden Zentralismus zu mobilisieren. Der Bayernpartei-Vorsitzende zog gegen die Einführung des Euro und eine verfehlte europäische Landwirtschaftspolitik kräftig vom Leder: "Die Brüsseler Bürokratie erstickt jede regionale Vielfalt wie unter einer Käseglocke."

Was die Bayernpartei und die DP aber vor allem verbinde, so Dorn, sei das Bekenntnis zu einem "gesunden, in der Heimat und ihren Traditionen verwurzelten Patriotismus", der nichts zu tun habe mit Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit. Und damit die Rangfolge patriotischer Gefühle auch bei den Hymnen gewahrt blieb, ertönte zum Anschluß der Kundgebung zuerst der "Hannoversche Königsgruß" und danach das Deutschlandlied.


 
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